Montag, 16. April 2007

Ehealltag

Der Anfang vom Ende, wenn die Ehe alltäglich empfunden wird? Nein. Es ist der Anfang vom Rest - und unter Umständen vom besten Teil an diesem Lebensprojekt, an dem so viele junge Menschen nach wie vor bereit sind, ihr Glück fest zu machen. Im Alltag muss die Ehe Halt geben. Sie tut es nicht mit Sensationen, sondern mit sensitiv wahrnehmbar bleibenden Vertrautheiten - täglich, wenn möglich.
Ein altes oder altgedientes Ehepaar, das sich nicht aufgerieben hat, lebt nicht zuletzt von all jenen Dingen, die nicht mehr ausgesprochen werden müssen. Und daneben von den kleinen Kennwörtern, die ganz zu diesem Paar gehören und jedesmal wieder die Geschichte erzählen, wie es dazu kam, wie es kam.
Ehe im Alltag kann unaufgesetzte,unaufgedrängte Verbindlichkeit sein, ein Beieinander, das nicht weniger sein muss als ein Miteinander.
Ist es nicht herrlich, einmal nichts erklären zu müssen?
Und wenn umgekehrt in die Stille des Alltags der einfachste Satz fällt, den die Menschen kennen und der ihnen nie zu banal wird, wahrscheinlich, weil sie nicht erfassen können, wie viel er wirklich zu bedeuten vermag: Ich liebe Dich. Dann IST das eine Sensation. Siehe oben.
Je älter ich werde, desto unaufgeregter braucht das Drumrum zu sein. Je einfacher dieser Satz gesprochen wird, um so schöner wird er.
Um ihn herum erzählt sich ein ganzes Leben und Lieben. Jeden Tag neu, auch wenn er nicht gesprochen wird. Manchmal wird er vielleicht nicht mal gefühlt, nur gewusst. Und manchmal muss man darum kämpfen, das er wieder Leben bekommt. Immer aber ist er etwas Gemeinsames, das Geborgenheit schenkt, aber nicht Gefängnis sein darf. Nie. Es gibt Ehemänner, die Tennis spielen mit Kollegen, weil auch Kollegen wichtig sind. Und es gibt Ehemänner, die es tun, und dabei Ehemänner bleiben: Hobby und Freiräume sind Teil der Liebe, des Alltags, der ein Fest sein kann. Und indem ich voller Freude meinen stillen einsamen Tag begehe oder ebenso leichten Herzens zum Tennis fahre, ehre ich die Liebe meiner Frau.
Zusammen genügsamer werden können - wie erkläre ich Euch, dass dies keine Niederlage ist, sondern neuen Reichtum begründet?!

Unkraut

Es wächst ausser Kontrolle. Es wuchert, stört die Ordnung. Meist dehnt es sich in der Fläche aus, macht sich breit, erstickt anderes, das wir geplant und gesetzt und gepflegt haben. Ist es rebellierende Natur oder im von menschen geschaffenen Fauna-Biotop eben auch von Menschenhand zu entfernen?
Wie steht es mit den Un-Dingen generell? Was halten wir alles für ausserhalb der Ordnung stehend, und wie fühlen wir uns selbst in dieser Rolle?
Das meiste Unkraut, das ich kenne, blüht unscheinbar. Ist es deshalb auch für mich Unkraut?
Schönes, das ich geschaffen habe, oder besser, wachsen liess, gezüchtet habe - ich will es mir bewahren, gebe ihm Raum, garantiere ihm Licht. Was ich hinsetze in die Welt, für das trage ich Verantwortung, also bin ich auch sein Gärtner. Ich meine damit nicht nur die Kinder. Ich meine auch eine Meinung. Oder eine reklamierte Haltung. Sie fordert ein Verhalten. Und die Blume muss ich giessen. Pflege - sie selektiert. Immer, im Grunde. Das einzelne lebende Wesen definiert, was liebenswert ist, und was bedrohlich. Nicht alles, was lebt, verträgt sich. Es frisst sich gegenseitig vielmehr auf. Fragt sich nur wann... Unkraut soll nach unserem Willen früher Kompost werden als die Tulpe. Während früheres Unkraut vielleicht gerade der Humus für meine Tulpe ist. Genau jetzt. Jedes Wesen hat seine Zeit und seine Schönheit.
Wer gräbt gerne im Kompost, wühlt ihn um, fördert die Gase? Nichts daran ist schön, aber was aus ihm entsteht, welche Kraft in ihm wohnt, das ist das schönste Wunder überhaupt.
Und so ist es auch bedenkenswert, einfach mal hinzusehen auf einen Flecken, was sich aus dem alten zu Kompost gewordenen Grün neu entwickelt, zu Kraut und Unkraut. Vielleicht ist es eine einzige vierblättrige weisse, unscheinbare Blüte, die irgendwo in einem verflochtenen Teppich sich zum Licht wehrt, die mir auffällt, irgendwann. An diesem einen schattigen Platz ist sie dennoch die grösste Sensation, die einzige.
Wie wir uns betrachten, was wir und wie wir uns sehen - so manches ist Geschick, weit über den Schöpfungsakt hinaus. Und kein anderes Wesen ist nach seiner Schöpfung so sehr in der Pflicht, seinen Schöpfer zu verstehen, wie der Mensch. Warum nur ist diesbezüglich das Unkraut seinem Ursprung so viel näher als wir?
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Ein richtig guter Text!
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