Samstag, 26. Mai 2007

(mein) Baum

Das Wort ist schon so schön kurz. Und nichts symbolisiert für mich besser das Sinnbild eines geerdeten Lebens. Ein Baum hat eine lange Daseinsperspektive. Sein Wachstum geschieht langsam. Lange Jahre ist er zerbrechlich und gefährdet. Und wenn er gross ist, ragt er in den Himmel, exponiert sich, spendet Schatten, kann von Winden ergriffen werden und vom Hagel zusammen geschlagen oder von Blitzen gespalten.
Seine Rinde duftet, seine Blätter rascheln, wedeln Licht und Schatten als tanzendes Mosaik auf den Boden. Die gebildeten Wurzeln krallen sich in den Boden wie ausgebreitete Arme, zwischen denen ich mich hinsetzen kann. Geborgen. In der erfrischenden Kühle eines wissenden Lebens. Schaue ich an ihm hoch und fühle ich ihn unter mir, so staune ich über seine Weisheit und die Fähigkeit, in Erde und Luft beständig Energie zu finden und verwerten zu können. Und was er alles zurück gibt, dieser Baum. Dabei ist er ein stilles Angebot. Er ist nie fordernd, nie aufbrausend, vielleicht stolz, aber nicht anmassend.
Übersehe ich ihn, so ist es ihm gleichgültig. Gehe ich von ihm fort, so trauert er nicht, keine Beine zu haben. Er will nichts anderes, als da wo er ist, Wurzeln schlagen und Früchte bilden. Von ihm wird genommen, ihm wird gegeben. Er neigt sich und streckt sich und wiegt sich im Wind.
Er tanzt nicht von dannen aber bewegt sich zum Himmel.
Er wird beschienen, beregnet, bestürmt. Und lässt doch geschehen.
Er hält aus. Und erzählt dann Geschichten. Wenn man genau hinhört, erzählt er Dir von Dir. Von Deinen Ursprüngen und Deinem Sinn. Von Liebe und Ehrfurcht, von Gelassenheit und Gottvertrauen.
Er ist Fixpunkt am Horizont, Teil eines Waldes, Sinn eines Daseins.
Auch er wird alt. Doch bei ihm erwartet man es. Weil man seine Schönheit in diesem Altern erkennt und die eigene Ehrfurcht dabei wächst, ist er auch im eigenen Vergehen ein gütiger Begleiter.
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