Göttliches

Sonntag, 20. Mai 2007

Gnade

Wie wird ein göttliches Wort wie dieses in einer säkularisierten Welt gesehen, verstanden und gebraucht? Am unverfänglichsten ist da noch die Gnade für den Straftäter, wie ganz aktuell sogar in Deutschland nun mit dem Herrn Klar und dem Herrn Köhler erlebt. Oder im Strafprecht impliziert, wo der Gedanke der gesühnten Tat und der Resozialisierung die Gnade beinhaltet, dass neu angefangen werden kann. Zumindest in der Theorie.
Aber wir legen eben die Stempel, die wir verpassen, nicht so leicht ab wie Druckerschwärze verblassen würde.
Was könnte besser verdeutlichen, dass die wirkliche Gnade eben ein göttlicher Akt bleibt, eine Hinwendung Gottes zum Fehlbaren, die ihn wirklich befreien soll.
Für mich wird es immer ein wenig mysteriös bleiben, wie wir Menschen uns den Sünder in uns vorstellen und wie wir mit ihm operieren: Der Gedanke der Gnade bedingt vor allem den Sünder. Und fühlen wir uns erhaben genug, so mahnen wir mit dem Finger ein richtiges Verhalten. Und wir wissen genau Bescheid, was uns und vor allem auch anderen blüht, wenn wir uns nicht so verhalten, wie es gefordert ist.
Göttliche Liebe aber ist mehr als die Gnade des Verzeihens. Es ist der Wunsch, dass die Schuld mein Antlitz nicht bewölken mag, sondern dass ich strahlen kann in Freiheit.
Wenn die gewährte Gnade aber Liebe ist, so fordert sie nicht einfach Dankbarkeit. Sie wünscht sich Reaktion, Tat, Wachstum, Freude, Freiheit, Leben. Sie will nicht binden, sondern befreien.
Es gibt aber sehr wohl die Dankbarkeit des Glücklichen, der schlicht eine Gnade darin sieht, dass ihn kein Leid drückt. Dies ist eine Bewusstwerdung und -haltung besehenden Glücks und wird zur Gnade für andere, die dadurch Raum bekommen, auch sich selbst zu werden. Oder das Blau am Himmel zu sehen.
Ist man demütig genug, erkennt man die Gnade eines gelungenen Tages wie ein Reisender, der gesund einem Taxi in Kairo entstiegen ist... Was ist schon selbstverständlich an einem reibungslosen Geschick?

Dienstag, 8. Mai 2007

Kochkunst

Heute ist wohl mehr die Frage: Kannst Du kochen? Nicht mehr: Kannst Du GUT kochen? Dabei ist kochen als Kunst wohltuend kreativ und demütig haltend im gleichen Atemzug: Die produzierte Kunst ist vergänglich. Ich kann mich zwar an ein göttliches Mal erinnern, noch lange, vielleicht für immer. Dann steht definitiv für mich fest: Die Person X ist eine göttliche Köchin. Aber das Geschaffene: Es ist längst den Weg allen irdischen gegangen. Man mag sich das gar nicht vorstellen... So viel Mühe für einen kurzen Genuss. Mühe? Selbst nach Rezept kochen ist als kreative Kunst wunderbar belebend. Wie das Mischen des richtigen Farbtons bis zum finalen Pinselstrich. Das sage ich als Bewunderer, nicht als Künstler. Ich bin der Konsument. Aber ich gehöre zu jenen, die achttausend Liebeslerklärungen per Kochtopf erhalten haben. Unübertrieben.
Dabei mag ich jene Künstler, die bei der Sache bleiben, ihre Demut nicht verlieren. Heute habe ich von der Bedeutung des Goldes im modernen Design gelesen - und tatsächlich, da verwendet doch tatsächlich ein Idiot Goldspäne als Dekoration für ein Menu.
Diejenigen Köche, die das Unmöglichste mit dem Sinnvollen kombinieren wollen, um partout selbst originell zu sein, sind die Verräter an der Kochkunst: Der Koch ist meiner Meinung nach vielmehr der Botschafter natürlicher Lebensmittel, ein Vermittler, ein Trailführer, der mich lehrt, was im scheinbar Bekannten Wunderbares verborgen liegt.
Eine Tomate ist nicht einfach eine Tomate. Höre es und schmecke es und begreife es.
Der Koch ist der erste, rezeptiv sinnlich kreative Entdecker vorhandener Wunder. Ein Forscher und Künstler. Ein Wohlfühlmensch in seiner eigenen Welt, der liebt, was er tut. Das macht ihn zum glücklichen Künstler, etwas, was seinen verwandten Gattungen viel weniger selbstverständlich eigen ist.
Ein Schriftsteller kann ein getrieben Suchender sein. Essen aber möchte ich, was gefunden wurde. Eine Empfehlung zum Genuss. Weit ab von jedem Kitsch. Natürlich Kunst.
Was für ein herrliches Seufzen das auszulösen vermag!

Donnerstag, 3. Mai 2007

Briefkastenonkel

Der Begriff beinhaltet gleich zwei Assoziationen, die mir sehr angenehm sind:
Einen Briefkasten aufsuchen, etwas in seinen Schlitz werfen, loslassen, auf die Reise schicken, voll gepackt mit Erwartungen - und sei es nur die, verstanden zu werden oder kund zu tun, dass ich selbst verstehe. Im Briefkasten sind alle die vielen Gedanken mit drin, die in den Briefen wohnen, alle die Vorstellungen, wie es sein wird, wenn die oder der den Brief aufmacht, mit den Fingern vielleicht gar, weil nicht gewartet werden kann, bis ein Messer, eine Schere oder gar ein Brieföffner auftaucht.
Und der Onkel, diese gütige Figur, von der ich gerne mehr gehabt hätte, oder zumindest einen, der nicht fern war und selten auftauchte. Einen Onkel zu haben, mit auf der Nasenspitze sitzender runder Brille, über die er Dich Kind mit garantiert gütigem Lächeln ansieht, und für den Du einfach der Star bist, wann immer er für Dich Zeit hat. Der Bruder des Vaters oder sonst einer, der sie kennt, die vermaledeiten störrischen Eltern, ein bisschen ist wie sie, aber doch eben mein Anwalt, der mich versteht und vermittelt. Gäbe es mehr Onkel, Mediatoren wären nie erfunden worden. Die sind sowieso meist so unnütz wie Anwälte. Aber mit den Onkeln ist das was anderes.
Im Internet bin ich manchmal durch meine Blogs ein bisschen der Briefonkel, und nicht selten beklage ich mich ein wenig darüber, wofür ich mich nicht wenig schäme. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass ich es nicht offiziell bin, sondern für diese Inhalte schon viel Kraft verbrauche, und wenn mir dann auf persönliche Mails das Echo fehlt, werde ich ranzig um die Seele und bitter, und dann kann ich mich selbst am Allerwenigsten leiden.
Es gibt sie aber, die Briefkastenonkels, die auf das Gute in ihren Botschaften vertrauen können und jede Zuschrift als neue Herausforderung annehmen, zwischen den Zeilen lesen und da auch schreiben können. Nicht nur in Bravo sind sie Gold wert, und wir lesen da gerne mit, sind immer auch ein bisschen Ratgeber und Ratsucher und manchmal auch Voyeur (was es nicht alles gibt!). Der Briefkastenonkel aber, der die Menschen liebt, tut das in jeder Zuschrift aufs Neue, und das Wunderbare ist, dass er das auch zeigen kann, in jeder einzelnen Antwort. Stellen Sie sich zudem vor, dass er daneben so manche Antwort verfasst, die nicht veröffentlicht wird. Es ist nicht leicht, diese Wanderungen über die Nasenspitze hinaus zu tun und dabei den Bauch stets so lebendig zu fühlen, dass man es zulässt, ein Stück weit so beansprucht zu werden, als tränke jemand aus meinem Glas, bis es selbst wieder gefüllt werden muss.
Ein guter Briefkastenonkel, so stelle ich es mir vor, hat selbst gute Onkels, muss sie haben, oder einen Überonkel, der auch über allen BriefschreiberInnen steht und gewissermassen über jeden Versuch des Ratens und Verstehens seine schützende Hand hält. Sonst ist doch jeder Rat, den wir alle geben, irgendwie anmassend, oder nicht?

Dienstag, 1. Mai 2007

Zügellosigkeit

Wenn die Zügel los sind, galoppieren die Leidenschaften. Es ist ein Rausch, wenn urwüchsige Kraft sich bahn bricht und man plötzlich glaubt, die Welt erobern zu können - oder sich um sie foutieren zu können.
Nur ist es so ein Ding mit dieser Kraft: Das kräftigste Pferd wird müde und verwandelt seinen Galopp irgendwann in einen Trab. Und wir sind keine Wildpferde, haben den Umgang mit unseren Kräften nie in der Natur gelernt, und Lust und Konsum sind schlechte Ersatzoasen, um ein Joch abzuwerfen, das wir Vernunft nennen, während wir darin nur den Ballast und die Verhinderung unserer Entfaltung sehen, statt die Leitlinie, die Orientierung schenken kann.

Zügellosigkeit IST orientierungslos, prescht nur aus sich selbst hervor und braucht die Raserei, um sich nicht sichtbar vor den Kopf zu stossen. Wehe, diese Raserei läuft sich tot, es gibt keinen pelzigeren Nachgeschmack auf der Zunge als das Erwachen aus dem schönen bösen Traum. Und es ist eine Demütigung, dass es da kein Joch und keine Zügel mehr braucht, um uns erledigt am Boden liegen zu sehen...

Auch der Schlaf ist dann ein anderer. Er birgt andere Träume als wenn er von der Arbeit Erholung bieten soll, oder von der friedlichen, mit sich Einklang suchenden Kontemplation freier Zeit.

Wer die Zügel nicht fortwirft, sondern sie aufhängt, bevor er losprescht in die Freiheit, wer ein gutes Verhältnis zu den Lehren hat, die das Leben Notwendigkeiten nennt, der braucht keine Verschwendung an Kraft, um Freiheit zu fühlen. Er zügelt vielleicht gar seine Leidenschaften, will nicht das Pferd sein, das die Zügel fortwirft, sondern zum Kutscher vordringen, der sie lenkt.

Selbstzügelung bedeutet Lenkung, und wenn diese Kutsche dann Fahrt aufnimmt, ist der Lohn eine andere Form von Rausch des Fortkommens, der Geschwindigkeit, einer gelenkten Kraft, die an einem Ziel ankommt und einen Rhythmus kennt von Tempo, Verausgabung, und Ruhe, Erholung.

Was, wenn wir das Reisen wirklich lernen und so unseren nächsten Tag begehen?

Ich gehe jetzt mal die Zügel fetten, die ich so kenne und mit denen ich ganz gut gefahren bin bisher...

Sonntag, 29. April 2007

Brunch

Das Morgenmittagessen für Tagverschläfer. Oder kennen Sie einen deutschen Ausdruck dafür? Wir sagen Zmozmi dazu ("Zmorgä-Zmittag").
Ein schöner Brauch, um den Tag so richtig subversiv zu verfaulen, nicht wahr. Erst steht man nicht auf und dann kocht man nicht zu Mittag. Dafür sitzt Du dann um so länger am Tisch.
Ein Brunch kann aber durchaus in Arbeit ausarten, in der Vorbereitung. Was sich da alles dafür zaubern lässt...
Sitzt man dann aber, am besten auf der Terrasse, an einem schönen Frühsommertag, die Temperatur angenehm, noch nicht heiss, so richtiges Kurzhemdwetter eben, dann lässt es sich wunderbar sitzen. Und an nichts anderes denken als an den nächsten Bissen und allenfalls noch daran, was man unbedingt noch probieren sollte.
Die Küche bleibt heute kalt, Freunde, da geht niemand zum Abwasch. Wir bleiben jetzt sitzen und quatschen, bis die Luft abstirbt. Und dann? Dann räumen wir ab, fahren eine neue Runde frischen Espresso auf und packen die Sonntagszeitung auf den Tisch. Heute ist sie herrlich dick und endlich mal Zeit, sich durch ALLE Bünde hindurch zu lesen.
Hast Du DAS gelesen? Oder wie findest Du denn DAS?

Klapperndes Geschirr, der Nachbar soll nur neidisch werden, vor allem aber feiere ich meinen Tag - mit Dir, mit der ich das alles auch so gerne vorbereitet habe, voller Vorfreude.

Nichts ist daran eigentlich besonders. Es ist so herrlich unaufgeregt. Eine programmatische Aktion für das Verweilen. Für ein Essen, bei dem man spürt, was man isst, und nicht nach wenigen Minuten fertig ist und wieder aufsteht.

Eine Begrüssung des Magens zum Tag, der Geschmacksnerven, ein prickelndes Frohlocken in der Nase. Kaffee hat schon immer herrlich geduftet, aber heute rieche ich es endlich mal wieder.
Und wenn man dann abräumt, die gemeinsame Frage: Warum machen wir das nicht öfter?

Die eigentlichen Sensationen des Lebens liegen doch viel näher, als wir glauben.

Samstag, 28. April 2007

Freundschaftsband

Das unsichtbare Band der Freundschaft, das doch unzerreissbar scheint. Es ist ein schönes Bild für die mögliche Tragfähigkeit einer freundschaftlichen Beziehung zwischen Menschen. Mein Freund, wir haben ein enges Band geknüpft zwischen uns. Es hat viele Glieder, an denen wir mit einander geflochten haben. Manchmal hat einer von uns aus eigenem Antrieb besonders viel Liebe investiert, um es zu festigen. Immer aber war es uns ein Bedürfnis und die Verlässlichkeit, das Wissen um die gegenseitige Unterstützung ist uns eine Quelle der Stärkung.
Wir sind verschieden, und doch müssen wir uns nicht erklären. Wir haben in unserem Band wie Nervenbahnen eingelegt, mit denen wir uns stillschweigend verstehen. Keiner von uns muss beim anderen nachfragen: Habe ich Deine Unterstützung? Deine Freundschaft? Hast Du mich gern? Liebst Du mich? Wir wissen es. Wir wissen um einander. Und doch finden wir es nicht unnütz, es uns dennoch immer wieder zu sagen. Denn das Band will gefettet sein, gepflegt, gestärkt.
Ein Freundschaftsband, ein Ring, ein Bändchen ums Handgelenk - manchmal will man nach aussen und doch nur uns vertraut zeigen, was uns verbindet. Eine Halt schenkende Bindung, die kein Gefangensein ist, sondern eine Stütze, eine Seilschaft in unwegsamem Gelände.
Ich habe aus der Sommerveranstaltung mit dem Dalai Lama ein geweihtes Bändchen von ihm ums Handgelenk getragen, bis es - aus ganz dünnem Faden - nach mehr als zwölf Monaten schliesslich abgefallen ist. Es hatte sich aufgedröselt, entzwirnt, war brüchig geworden, die Farben ausgebleicht. Mit seinem Abfallen habe ich es innerlich abgelegt, nicht bei Seite, sondern an seinen Platz. Kein Freundschaftsband zwar, aber ein inneres Band der Stärke, das ich wiederum mit Freunden teile -und das vielleicht neue Zeichen kennen wird, die ich zeigenwill. Was mir davon in mir geschenkt ist,hält mich nicht wie ein Band, sondern wie ein Senkblei, das meinen Schwerpunkt stärkt. Und die Erfahrung der Freundschaft ist ebenso ein solches Fundamentteil - veränderbar bleiben äusserliche Dinge, die wir aus unserer Mitte gestalten - so wie das Gedicht der Liebe, das wir immer wieder neu schreiben mögen.

Donnerstag, 26. April 2007

Kontaktanzeige

Kontaktanzeigen verraten nicht nur eine ganze Menge über die Menschen, die sie schalten. Sondern auch über das Medium, in dem sie stehen. Wobei ich jetzt mal bei den Zeitungen bleiben will. Besonders widerlich ist mir da die unverholene Masche der NZZ-LeserInnen in der Schweiz. In keinem anderen Printmedium finden sich in der entsprechenden Rubrik so viele Heiratsvermittlungsinstitute, die nach dem Motto funktionieren: Ich suche Dir, Frauchen, für viel Geld den betuchten Akademiker zwecks Einheiratung in einen Goldstallkäfig, Stil und Bildung garantiert.
Und dabei gleich ad absurdum geführt.
In Lokalblättern eher traurig sind die Beispiele der Kategorie "sympathische warmherzige aufgestellte Frau aus Südamerika, jung, Superfigur, sucht den anständigen Schweizer Mann mit ebensolchem Pass zwecks schnellem Schuss zwecks Eheschluss.
Oder die Frauen mittleren Alters, die, zwangsläufig, den kinderliebenden Partner, bitte ungebunden, suchen...
Ein Kontaktanzeigenmarkt ist der Markt unserer Lebensträume auf bescheidenem Niveau, was deren Tiefe, nicht aber deren Sicherheiten betrifft.
Wo trifft sich mehr gemischte Lebenserfahrung als auf diesen Seiten?
Und wo ist eben diese Erfahrung gegen alle Sehnsucht chancenloser?

Und doch ist der Mut zur Liebe immer wieder stärker, und es ist gut, dass die Menschen freier geworden sind, jede Möglichkeit zu prüfen, um Kontakte zu knüpfen. Und auch hier macht das Internet so windige Institute, wie oben erwähnt, überflüssig.
Leider sind die schlechten Efahrungen auch hier im Interent im Zeitraffer noch viel schneller zu machen als anderswo. Und ganz schlimm wird es dann, wenn virtuelle Gaukler einen Weltersatz anbieten, dem sie real nie entsprechen könnten, ja nicht mal wollen.
Aber damit sind wir dann eher bei den Chats angelangt, den Kontaktanzeigen, bei denen die Worte laufen lernen, ohne dass die Ehrlichkeit zwangsläufig dem Tempo zu folgen vermöchte.

Die Chancen wirklich abzuwägen, kann dennoch nicht gelingen, und es ist doch gut, dass die Anzeigen, die man selbst nicht übel findet, nicht unbedingt mehr Erfolg versprechen als die eher direkten Varianten.
Mann sucht Frau. Für was wohl?
Hilft vielleicht schneller weiter als ein Gedicht, unter dessen Schatten sich selbst Khalil Gibran gerne stellen würde?!

Dem Leben zulächeln, wenn Sie eine Anzeige aufsetzen, schlage ich vor. Das wirkt anziehend, finde wenigstens ich.

Dienstag, 24. April 2007

Kirchgang

Alte Zeiten steigen in meiner Erinnerung auf. Konfirmandenzeit. Die Mischung zwischen Zwang und Beschaulichkeit am Sonntagmorgen. Aber auch eine Kirche, reformatorisch-kühl, am Sonntag meist gar nicht so schlecht gefüllt, und dann mit Leben gefüllt, das sich zwar vielleicht durch die farbigen Scheiben nach aussen dachte, aber immerhin, die Gedanken entstanden erst in diesem Raum, wo Menschen zusammen kamen. Und danach, das Verweilen vor der Kirche, über dem Rebberg, mit dem Blick über den See. So ohne war das gar nicht, nein, damals nicht und heute schon gar nicht.
Heute gehe ich spaziern, in den Wald, der meine Kirche ist. Aber der Kirchgang ist auch ein Akt der Gemeinschaft, ein Zusammenkommen, eine Zuflucht zu einem Ort, an dem die Gedanken ruhen können oder könnten.
Und Pfarrer durfte ich kennenlernen, immer wieder, die mir für immer eine Botschaft chrirstlicher, gottväterlicher Liebe schenkten. Meine Kirchgänge habe ich nie zu meinen Sünden gemacht, sondern hin zur verzeihenden und gütig fordernden Liebe meines wirklichen Vaters, der auch der Vater meines Vaters war. Zum Glück.
Zu Beerdigungen stellt man sich Regentage vor, und verhangenen Himmel. Zum Kirchgang gehört in meinem Erinnern die Kraft einer warmen, aber nicht brennenden Sonne, die einen blinzeln liess, hinein in das Fest eines freien Tages.
Die Freundlichkeit der Menschen an diesem Tag, nach dem Gottesdienst, war ein Kirchgang hin zur Geschwisterschaft von Menschen, die sich stumm und doch zusammen eine Stunde in einer Art Kontemplation versuchten: Was und wer bin ich und wie bin ich gemeint?
Und die Jugend war immer ein Teil der Gemeinde. Wir haben an der Konfirmation Rockmusik aufgeführt in der Kirche - von A bis Z ein selbst gestalteter Gottesdienst, eine volle Kirche und ein Gefühl, gehört zu werden. Und betrachtet. Wohlmeinend. Aus den Kirchenbänken, aber auch aus dem Dachgebälk der Kirche, von wo eine umarmende Fürsorglichkeit hinab strahlte, eine Wohlmeinung für mein Sein.
Ich werde meiner damaligen Kirchgemeinde stets dankbar sein für das, was sie mich über meine fürsorgende Liebesfähigkeit lehrte.

Samstag, 14. April 2007

Leere

Jannas Stichwort gehört auch zu jenen, über die ich eh regelmässig nachdenke. Das birgt das Risiko, dass ich irgendwelche Schubladen aufziehe und leere, was hier ja nicht die Idee ist. Was hier durchaus zum Vorschein kommen soll, sind zuminest neue Schubladen, die unter dem spontanen sofortigen und fliessenden Schreiben zum Vorschein kommen.
Ich versuche es mit der Annäherung über ein Bild, das mir eben in den Sinn gekommen ist:
Das leere Glas. Ich kenne das Bild vom halb vollen Glas, das dann eben halb voll und nicht halb leer gesehen werden kann. Aber das leere Glas? Vorbei der Genuss, fern die Flüssigkeit, das Wasser, der Wein. Leere nur. Mangel. Die Leere, die wir fürchten, ist etwas ähnliches in unserem Zeitempfinden: Der Moment, wo die nächste Sekunde, der nächste Augenblick undenkbar wird, die Zeit stehen bleibt, die Sekunden wirklich verrinnen, im Boden versickern und das scheinbar Sinnvolle sich als leerer Tanz von Absonderlichkeiten manifestieren kann. Wenn uns nicht länger trägt, was wir als normalen Lauf des Lebens angesehen haben, wenn wir Sinnlosigkeit ausmachen, dann spüren wir diese Leere, die für uns eine Katastrophe ist.
Es liegt nicht in der Natur unserer westzivilsatorischen Kultur, dass wir in dieser Art Vakuum eine Befreiung sehen. Wir schreien nach dem nächsten Ziel, das uns wieder funktionieren lässt, nach den Menschen, für die es sich lohnt, zu sorgen. Nach dem Fokus, der uns vorwärts schauen lässt, und damit aus uns heraus.
Dabei wäre dieser erstarrte Moment, dieses scheinbare Vakuum die Gelegenheit, eine Blase aufzustechen und aus dem Vakuum frei fliessende Luft zu machen. Leere könnte bedeuten, den Gedanken, die plötzlich nicht mehr denken können, Zeit zu lassen, sie von diesem Zustand, diesem Innehalten neu werden zu lassen. Vielleicht können wir Menschen uns neu erfinden, nein finden, wenn wir die Leere, die am Ende eines Lebens droht, zuvor erleben, zulassen, abrufen, an uns heran lassen. Ausgebrannt sein, leer sein - der scheinbar protestierende Körper, streikend, meldet sich, schreit, hat Ansprüche, will nicht untergehen, sondern schwimmen im Meer der eigenen Seele, die nicht vorwärts rennen sondern in sich gehen möchte.
Wie wäre es schön, einmal, für nur einen ersten Moment, nicht denken zu müssen. Dem Verstand nicht alles überlassen zu müssen, sondern ein Empfinden zu begrüssen, das tief darunter ruht und vielleicht gerade diese Leere braucht, um gehört werden zu können!? Sie ist eine Chance, diese brutale, drohende, schwarze oder kalte Botschaft, die, wenn wir uns auf sie einlassen, plötzlich nur noch bestimmend, mahnend, abgedunkelt (die inneren Augen schärfend) und kühlend empfunden werden muss. Wie ist es mit der Leere, die ausgehalten werden kann? Sie verändert sich. Diese Wandlung begründet eine tiefe innere Stärkung.

Dienstag, 10. April 2007

Einsamkeit

Das Stichwort, danke Dir, Janna, springt mich an, denn es ist mir vertraut. Ich denke hier und jetzt nicht das erste Mal darüber nach. Einsamkeit ist Alleinsein ohne Begleitung. Wir sind alle allein. In unseren Schuhen haben nur wir selber Platz. Sie passen auch niemand anderem, und den Weg müssen wir auch selbst gehen. Wir wissen nicht, ob unsere Begleiter bei uns bleiben und wie lange sie uns geschenkt bleiben. Allein werden wir geboren und allein sterben wir. Vielleicht verdrängen wir den Tod und das Sterben dahin gerade deshalb so sehr, weil nichts so sehr für die Einsamkeit steht, die wir dabei fühlen?
Wüste - diese endlose Stille, die in der weiten Dürre geboren scheint und sich rund um einen herum ständig zu vermehren und zu verdichten scheint, sie hat eine allererste Botschaft: Du bist einsam.
Einsamkeit, die ich aushalte, verspricht mir dafür eine unzerstörbare Ruhe. Fühle ich mich allein in mir durch mein Wesen, meine Bestimmung, mein Sein, getragen, so kann ich die Einsamkeit in mir annehmen wie den Antrieb zum Gespräch mit mir selbst. Denn wenn ich es nicht will und zulasse, spricht gar niemand mit mir. Nur ich kann mich öffnen für andere und für mich selbst, kann meine Einsamkeit er-tragen und in sie hinein hören. Dann bin ich am Ende doch nicht allein, sondern in meiner Bestimmung ein Wesen an seinem Platz. Und ich schaue vielleicht gar voraus, ohne mein Ende zu verdrängen, und erkenne im Weg, den vor mir viele Milliarden andere Wesen gegangen sind, einen Trost oder gar eine Freude, die in der Gelassenheit liegt, mich nicht kümmern zu müssen um Dinge, die einfach passieren werden.
Ich mag einsam sein, Einsiedler muss ich nicht sein, wenn ich es nicht will. Ich kann mit ausgebreiteten Armen durchs Leben gehen, keine Umarmung muss mir zuviel werden, und ist da niemand, so darf ich mich dennoch umarmt fühlen von meiner Schöpfung, die mich atmen lässt, ohne dass ich etwas dafür zu tun scheine. Ich lebe und fühle und denke und leide - aber ich bin lebendig in meiner Einsamkeit. Und schreit sie mich an, so schreie ich zurück, und wer weiss, ob da nicht jemand ist, der mich sehr wohl hört, während ich meinem eigenen Echo lausche?
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Ein richtig guter Text!
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