Sommerkleidung

Jetzt kommt sie also wieder, die Zeit, in der wir nur das Notwendigste anhaben und Kleidung mehr Sonnenschutz denn irgend was anderes ist. Dabei wäre es so nett, sie wäre und bliebe auch ein Sichtschutz. Allzu oft blendet nämlich die Sonne viel zu wenig, als dass ich nicht bemerken könnte, wie selbstverständlich vor allem wir Männer unsere unvorteilhaftesten Seiten, von denen es dreiminsional so viel zu viele gibt, zur Schau tragen.
Es ist wirklich unglaublich, wie sehr sich die Werbung, so höre ich es auf jeden Fall immer wieder, nach dem Gusto von uns Dreibeinern ausrichtet und sich in der Folge die Königinnen der Schöpfung nach dem Gutdünken von uns herrichten, während wir in Schlabberbermudas und vierkantiger Sonnenbrille quadratisch praktisch gut in Strandsandeletten durch die Gegend schlurfen.
Niemals wird uns die Zivilisation unvorteilhafter bewusst als dann, wenn Mann zu schwitzen beginnt. Wahrscheinlich ist es uns selbst zumindest unterbewusst so peinlich, dass wir just auf der Spitze dieser Entwicklung meist in Urlaub fahren. In der Ferne ist es erträglicher, irgendwie, und weniger peinlich, so dass wir daselbst durchaus enthemmt unsere überflüssigen Pfunde vor uns her schieben können, ohne dass es dem Nachbar nicht gefallen würde.
Und auf den Fotos zu Hause erkennt man dann, dass es nett war im Urlaub, aber angesichts der Zustände halt doch nur ein Beweis, dass zu Hause alles besser ist. Und da ist die zu tief sitzende Bermuda-Hose und was auch immer sonst noch peinlich sein mag, nur eine Laune der Lässigkeit, angesichts der Tatsache, dass wir es doch eben besser machen als der Rest. Schliesslich fahren WIR so seit in Urlaub und nicht die anderen.

Also, wenn ich mich selbst nicht vor den Spiegel denke und mich ganz bescheiden in ein Café denke, so vor eine Flanierzeile in der Innenstadt, dann schaue ich gerne den Sommerkleidern zu. Denen, die sich um schlanke Hüften legen und um braune Waden wehen, die Trägerinnen geradezu dazu ermuntern, beschwingter zu gehen, und die Sonne scheint plötzlich so, dass ich sie auch wahrnehme. Und dann sehe ich ihn, diesen gut aussehenden jungen Mann, der zwanzig Kilo weniger hat als ich und auch so eine prahlerische Sonnenbrille, so dass ich gar nicht sehe, wie gut er aussieht, und doch weiss ich es. Und ich seufze ganz kurz, doch dann lächle ich. Denn was er erlebt, kenne ich doch, und es ist Erinnerung, die zur beständigen Liebe wurde, heute wie vor zwanzig Jahren, auf einer Steinbank, in der lauen Sommernacht, die es nur für uns gab, und wie ich Dich bewundert habe in Deinem Sommerrock, und wie schön es war, zu wissen, dass ich der glücklichste Mensch auf Erden bin.
Tina B. - 2007.04.16, 05:46

Einen Cappuccino bitte...:-)

So federleicht geschrieben, daß man sich direkt zu Dir lächelndem Beobachter dazusetzen und mitschauen möchte.....:-)

Traumhafter Schlußsatz!

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