Donnerstag, 19. April 2007

Toleranzgrenze

Tolerant sein, nachsichtig, neugierig, unvoreingenommen. Was für gute Eigenschaften. Aber keiner kann ich nachleben, ohne Grenzen zu setzen. Grenzenlos proklamiert, ist Toleranz nicht zu leben, es sei denn sehr oberflächlich und damit beliebig. Meine Haltung braucht Linie - und damit Grenzen. Es ist so etwas wie meine private Seite, die Lebbarkeit eines Prinzips - aber auch die Orientierungshilfe für meine Nächsten. Als Erzieher oder Partner muss ich mir stets bewusst sein, dass ich Verständnis nie voraussetzen kann. Es muss mir geschenkt werden. Und vielleicht muss ich auch etwas dafür tun. Ich darf mir nicht zu fein sein, für die Toleranz, die ich mir wünsche, zu arbeiten. Mich, andere zu erklären. Und hinzuhören. Also selbst Toleranz zu üben.
Im Westen sind wir stolz auf unsere tolerante Kultur. Und lassen sie damit allzu oft beliebig werden. Wir setzen dem Fremden gar nichts Eigenes mehr entgegen (oder daneben). Aus Toleranz wird so eben Beliebigkeit, und sehr oft kommt es mir vor, dass wir dadurch, dass wir gar keine Grenzen setzen, dem Erfordernis ausweichen, Stellung beziehen zu müssen.
Wir sind lieber tolerant.
Dem Fremden, der sich assimilieren will, muss ich aber auch mein eigenes Denken und Fühlen vorleben. Bin ich dazu bereit? Bin ich bereit, mich zu erklären, mein Denken und Fühlen zu zeigen?
Toleranz scheitert umgekehrt doch oft an den eigenen Grenzen. Was ich selbst mir gegenüber nicht fertig bringe, kann ich anderen nicht zubilligen.
Eine Toleranzgrenze kann auch ein populistisch gewachsenes Panzerhindernis sein. Fuhrwerk der Politik. Tausendfach repetiert nicht wahrer werdend, aber fixierter.
Darum ein Loblied der Neugier, die immer wieder mal irgendwo plötzlich geweckt werden könnte: Oft muss nur eine erste Frage provoziert werden: Wie, warum macht Ihr das so, und ganz anders als ich?
Was denkt Ihr Euch dabei? (Und ist das auch was für mich?).

Bitte erst damit anfangen, wenn wir für die gleichen Fragen an uns auch bereit sind. Aber vielleicht stossen wir ja auf so Tolerante und Verständige, die uns erst einmal sagen, was sie so toll finden an uns, sorry, an unserem Denken und Leben, nur so zum Beispiel.
Dann bleibt allenfalls ein leichtes Erröten, das gut in einem ersten Smalltalk aufgefangen werden kann, auf dass die Toleranzgrenzen zukünftig dort gesetzt werden können und auch sollen, wo sie für das Zusammenleben Aller auch hingehören.
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