Entschuldigung

Die einen bringen das Wort nie über die Lippen, die anderen entschuldigen sich für alles, auch ganz ohne Grund. Deren ganze Anwesenheit scheint ihnen manchmal wie ein Irrtum zu erscheinen. Sie machen so lange, bis Du es glaubst, und genau dann magst Du überhaupt gar nichts mehr entschuldigen...
Eine Entschuldigung auszusprechen, wenn man einen Fehler gemacht hat, kann aber auch eine wahre Kunst sein. Fehler im mitmenschlichen Umgang passieren uns ja leider nicht nur mit Menschen, die wir mögen. Ganz im Gegenteil. Wie nahe liegt es da, eine Entschuldigung zu unterlassen. Der andere ist ja eh ein Giftsack, und ich könnte ja Dinge aufzählen, die gehen auf keine Kuhhaut. Aber hier und jetzt trifft ihn etwas von mir, das falsch war und ist und nicht besser wird, wenn ich es totschweige. Ganz im Gegenteil. Es wächst sich zu einem Geschwür aus. Zumindest meldet sich der Stachel immer mal wieder, wie ein Holzspan, der durch die Hornhaut die Weichteile erreicht. Gewisse Griffe unterlässt Du dann einfach. Eine Hand wird nutzlos, ein Finger... Eine unterlassene Entschuldigung ist wie ein Sandkorn im Getriebe. Es kann tiefer rutschen und zum Kolbenfresser werden. Man müsste nur mal schnell den Motor abschalten und gleich anfügen, dass man dafür selbst die Verantwortung trägt, und sagen: Es tut mir leid.
Was für eine Waffe das ist für unser Seelenheil. Es kann so stark und souverän werden in uns, dieses erlösende Gefühl, dass kaum mehr eine Rolle spielt, ob die Entschuldigung angenommen wird. Ob sie aufrichtig gemeint ist, wissen wir ja eh selbst am besten.
Dein und mein Gewissen - wie oft schon haben wir geflucht, dass wir offensichtlich mehr Gewissen haben als der scheinbar Rücksichtslose neben und vor allem vor uns? Warum lässt sich diese imaginäre Fussfessel nicht abschütteln oder wenigstens ignorieren?
Wahrscheinlich sind die, an welchen wir unsere Fehler machen, immer auch unsere Lehrer.
Der Schüler bleibt im Grunde souverän. Je mehr er lernt, um so besser wird er wissen, was er sich wirklich verinnerlichen muss.
Und so lerne ich, mit meinem Gewissen umzugehen. Ich schütze es oder ich begradige es, in dem ich es frei mache vom Ballast falsch verstandener Wohlgefälligkeit. Die Stachel, die ich aber vielleicht setzte, vermag ich sehr wohl zu erinnern und deren Wirkung auch zu erfühlen - und sie mögen ihre Wirkung haben, aber für was? Was relativiert sich alles so oft in nur schon ein paar Minuten...
Es gibt zur angebrachten Entschuldigung keine Alternative. Höchstens noch einen zusätzlichen Lernauftrag: Das nächste Mal bedenken, was das gesprochene Wort, das Geschriebene, die kleine Tat alles bewirken mag. Aber bitte nicht so sehr, dass Sie vorausschauend alles unterlassen, was irgend eine Wirkung haben könnte. Denn parallel zu Ihrer Besonnenheit ist der Verletzte auch in der Lage, seinerseits Abstand zu gewinnen und sein eigenes Fordern immer auch für sich selbst an sein eigenes Ich zu richten...

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Ein richtig guter Text!
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