Verbissenheit

Wenn Hartnäckigkeit sich in ein Projekt, ein Verhalten, eine Ausdauer verbeisst, wie ein Hund, der eine Beute nicht mehr frei gibt, wird aus der ursprünglich bewunderten Zielstrebigkeit die negativ empfundene Verbissenheit. Wer verbissen an etwas festhält, kann nicht mehr lächeln. Die Fokussierung ist längst zur Verkrampfung geworden. Der Tunnelblick visiert nicht an sondern schottet ab. Geht mir weg, ihr griesgrämigen missliebigen Kritiker, sagt der Sturkopf, der selbst nur einfach noch mürrisch ist.
Und doch gibt es sie, die Granitgrinde, die einfach nur stur im Kraftraum für das sportliche Comeback schuften und irgendwann allen die neuen Trophäen an den Kopf halten wollen, wild entschlossen, dann auch den Erfolg allein zu geniessen.
Wen wir verbissen nennen, dem unterstellen wir Einseitigkeit. Aber wir haben wohl auch ein Gespür dabei, wann etwas nicht mehr gut kommt mit einem Menschen, er sich uns entfremdet. Wenn nur Bewunderung für seine Willenskraft mich mit einem Menschen verbindet, kann ich ihm nicht wirklich nahe kommen. Wie jede Bewunderung, hebt auch diese jemanden von mir ab, weg, hoch. Hier kommt dazu, dass eine Form der Härte gegen sich selbst bewundert wird, die sich auch nach aussen richtet.
"Mir kann niemand was", sagt dieser Mensch, und sucht gleichzeitig die Bestätigung in einer Leistung, die genau diese Niemands am Ende dann doch anerkennen sollen.
Es ist nicht nur im Kraftraum einsam für gewisse Erfolgsmenschen, und die Schulterklopfer "danach" zu erkennen, mag zwar vor Enttäuschungen helfen, aber die Genugtuung, "es" geschafft zu haben, ist deutlich weniger wert als die Freude, auch einen Erfolg teilen zu können.
Wer daher im Gegensatz zum Verbissenen aufgibt, setzt vielleicht einfach Werte anders, hört auf seinen Körper oder ist nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen.
Weichere Menschen sind weniger hart. Das zumindest ist wahr.
Lernen aber dürfen wir alle von einander, die Genügsamen auch von den Verbissenenen, die Hartnäckigen von den Flanierern, die Schleicher von den Zielstrebigen. Und alle von einander, wenn die einmal angedachte Ausrichtung nicht durchgehalten werden kann.
Lebensmodelle, Erfolgsstrategien - immer ist am Schluss das gütige Lächeln des realen Lebens die Quelle echter Befriedigung. Und damit auch Grund zur Demut.

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warum nicht mal etwas zynisch sein in dieser welt mit...
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Ein richtig guter Text!
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