Bergwanderung

Sie sind Teil des Horizonts, des Panoramas, von Wolken verhangen oder glänzend im Sonnenlicht. Staffage, schöne Zier. Aber Städter wie ich finden selten die Energie, sich in die Berge zu begeben. Dabei ist eine Bergwanderung nicht einfach mühsam, anstrengend. Sie ist in jedem Fall vor allem eine Konzentration auf eine Unternehmung, fordert eine Bündelung von Energien und setzt Adrenalin frei - und das ohne jegliche Kitzelung von Gefahr.
Denn das Tolle am Wandern in den Bergen ist, dass diese keine Zähne zeigen müssen, um ihre gewaltige Kraft zu zeigen. Wenn Du zwischen Bergflanken hindurch läufst, Dich vielleicht umkehrst und den Weg zurück blickst, auf dem Du gekommen bist, wenn Du im regelmässigen Tritt Höhe gewinnst und dabei den Blick auf den Weg gerichtet hältst und all die Moose siehst, die zwischen Steinfurchen hindurch drücken, dann siehst Du uns spürst Du die Macht der Natur und die Schöpfungskraft, die diese Dinge geformt hat und weiter formt.
Ich glaube, es ist vor allem das Element der Zeit, das ich dabei ganz anders erlebe, das mich am meisten fasziniert: Was sich über Jahrtausende und Jahrmillionen gebildet hat und weiter verändert, wird von mir während einem Wimpernschlag begleitet, und für eine Millionstelsekunde dieses Wimpernschlags bin ich nun genau in diesem Bewusstsein inmitten dieser gewaltigen Ewigkeit, die in sich wiederum nur ein Wimpernschlag in einem noch grösseren Kontext ist.
Und ich bin unterwegs mit einem Freund: Dieses Wandern ist mir das Liebste. Denn dieser Millionstel-Wimpernschlag, der in der Bewusstwerdung seiner Winzigkeit auch einzigartig ist, ich möchte ihn mit einem Freund erleben und diesen Moment nicht mit irgendwem teilen.
So wie wir uns für diesen Tag verabredet haben, so wie wir uns die Zeit reserviert haben, um der Zeit zu begegnen, so trug und gemeinsame Zeit hierher und wird uns auch wieder hinunter tragen. Und weiter. Wir werden immer wieder ein Stück miteinander gehen und uns erzählen, was wir zuvor gesehen haben und was wir hoffen, noch zu entdecken oder was wir suchen, vermissen und ersehnen.
Und wir können auch einfach still werden und uns irgendwo auf einen solchen Moosflecken setzen, der sich nicht grämt, just für unseren Hintern Jahrzehnte gewachsen zu sein...

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warum nicht mal etwas zynisch sein in dieser welt mit...
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Ein richtig guter Text!
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