Sonntag, 6. Mai 2007

Dorfverein

Die Schweiz ist ein Volk von Vereinsmeiern. Sagt man. Vielleicht organisiert er sich gern. Oder gibt einfach seiner Freizeit gerne eine Struktur, ist gerne Schaf in der Herde. Warum aber es schlecht reden, den Verein auf dem Dorfe? Will ich gar nicht. Alles ist gut, was uns Entspannung finden lässt vom Alltag, und ein Miteinander fördert. Das ist Kultur, fürwahr, ganz egal, was auf der Fahne steht. Oder fast egal.
Wie immer, wenn mehr als Zwei zusammen stehen, und man alos so was wie einen Kreis bilden kann, steckt Freude und Krux darin. Es gibt auch Vereine, ja es ist jedem Verein eigen, dass er auch Identität schafft durch das Dazugehören - und damit auch eine Abgrenzung gegen die anderen schafft.
Wer nicht in Vereinen mittun mag, sträubt sich nicht zuletzt gegen die organisierte Fröhlichkeit oder Ernsthaftigkeit, sieht darin ein Diktat.
Vielleicht sind da Sportvereine unverfänglicher? Der Ball muss ins Tor, da hat Ideologie oder auch nur schon der Verdacht in die Richtung einfach keine Chance, ist nur lächerlich. Bis man dann die Kommentare an der Seitenlinie hört...
Vielleicht sind Vereine aber einfach Ausdruck eines alten, weisen Idealismus: Wenn ein paar Köpfe zusammen was treiben, wird daraus ein Gruppenprozess - und schwupps bist Du gar nicht mehr so weit von Statuten entfernt.
Benimm-Regeln, wie man sich gibt auf dem Dorf, wer wo mitmacht oder sich zu fein ist... Vereine sind auch ein Abbild der Dorfkultur, vielleicht wird dort sogar die Politik gemacht. Die, welche alle angeht und am Schluss spürbar ist, wenn die zusätzlichen Parkplätze am Strassenrand aufgemalt werden - oder eben nicht.
Die sog. Grümpelturniere - ich sag' Euch, das ist das beste Argument PRO Dorfvereinkultur. Wenn die Schwinger gegen die Tischtennisspieler um den Fussball-Dorf-Pokal tschutten, dann ist die Welt in Ordnung und harmlos - weil nix wichtiger ist, als das Warum, weswegen der Kari mit seinem Bewegungstalent (sic!) soeben ein Luftloch geschlagen hat, statt den Ball ins Tor.

Lebenslauf

Manchmal werden wir aufgefordert, einen zu schreiben. Nur, weil wir einen Job haben wollen. Oder schlicht brauchen. Wir lernen, wie so was auszusehen hat, wie wir es auflisten, was hinein gehört, und was nicht, und was sich gut macht, was weniger.
Eigentlich eine Zumutung. Was geht es wildfremde Menschen an? Und doch listen wir auf, was wir gelernt haben, als würden wir uns Orden an die Uniform heften. Wir lernen, uns gut zu schreiben, und dabei machen wir vielleicht die Erfahrung, dass wir schon weniger oder schon mehr an uns geglaubt haben.
Wir sehen da Jahreszahlen stehen und Prüfungen, und vor unserem Auge läuft die Zeit ab, in der wir da lebten, die Haut, in der wir steckten, und wir fühlen vielleicht nochmals den Frust, der dazu gehörte, oder die Hoffnungen, die wir damit verbanden.
So ein Lebenslauf kann gar nicht nüchtern genug sein, dass er nicht ganz persönlich wäre. Und im Grunde bleibt er es ja auch, Gott sei Dank. Denn alle diese letztgenannten Dinge stehen nicht drin, im Rapport unseres Lebens. Aber der Arbeitgeber, die Kollegen, die Untergebenen wie die Chefs bekommen es geliefert, wenn sie mich anstellen. Alle meine Erlebnisse, Frust wie Lust, nehme ich mit in jede neue Lebenssituation.
Und darum ist so ein Lebenslauf in erster Linie eine stumme Liste unseres Lebens, eine Hülle, die nicht atmet, aber von einem Menschen erzählt, der genau das möchte, und Gott sei Dank muss jemand anders beurteilen, ob es mir gelingt oder nicht. Dumm nur, dass daran ein Job hängt und diejenigen, die entscheiden, das auch spüren, dieses Problem, und so hält man sich am Schluss eben lieber an die Orden auf der Uniform als an das Bauchgefühl über das Fleisch und Blut, das in der Uniform verpackt ist.
Wir enttäuschen oder erfüllen unsere Erwartungen am Ende ja auch immer selbst. Da sind wir autonom. Vor allem schon bei den Erwartungen angefangen. Denn nicht alle, die wir so rapportieren und herbeten, sind wirklich unsere eigenen, könnten es aber sein. Ja vielleicht sind sie es überhaupt nicht, sollten es aber werden.
Vielleicht möchte ich den Job gar nicht, und das beste daran ist der Lebenslauf, zu dem ich genötigt werde, den ich gar nicht aufsetzen möchte und zu dem die spannendste Frage lautet, warum ich es denn nicht möchte?
Der Lebenslauf ist eine Liste von Irrtümern, Fehlern, Misserfolgen, Enttäuschungen? Vielleicht. Aber er ist vor allem ein Leben. Und erzählt von seinem Lauf. Er erzählt, die wie ein Mensch von A nach B kommt, also das Auto, das er fährt, oder die Mittel, die er dazu sonst benutzt. Aber wer er ist, an diesen Zielen, auf diesen Etappen, das erzählt er nicht. Dazu muss man ihm begegnen. Und ich kann Dir dabei nur erzählen, was ich von mir selbst gelernt habe. Oder glaube. Indem ich Dich erahnen lasse, wo ich wirklich bin, und was ich erfahren, nicht nur angelernt habe, werde ich zum Mit-. Arbeiter, -Glied eines Teams. Bin ich eigenständig. Für Dich ein Treffer, oder auch nicht. Aber nie nur eine enttäuschte Erwartung.
Ich bin ein Wunder. Sie auch. Es lohnt sich, das weiter zu denken und nicht zur Utopie werden zu lassen. Denn immer ist es möglich, dass zwei Lebensläufe so zusammen finden, dass sie wirklich am gemeinsamen Punkt ankommen und sich dann weiterhelfen.
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