Montag, 7. April 2008

Verdacht

Der Verdacht hat eine Kraft, die, eben erst entstanden, eine nagende, schwellende Macht entwickelt, wie ein Geschwür. Einmal gesetzt, lässt er sich nicht mehr ausrotten. Und er erhebt Ansprüche, will lauter werden, sich festsetzen, keinen anderen Gedanken mehr zulassen.
Mit dem Verdacht wird gespielt, gearbeitet. Er wird gesät und die Ernte ist niemals süss.
Verdacht zerstört Vertrauen oder legt offen, wo dieses nie bestand. Der Verdacht ist die schwerste Prüfung für eine Freundschaft, ja hat sie eigentlich schon unterlaufen.
Dem Verdacht kann begegnet werden, mit Offenheit. Ein Verdacht kann aber auch geschürt werden, und es liegt in diesem Fall in der Natur der Sache, dass er unter Umständen um so schwerer auszumerzen ist.
Der Verdacht liebt die Vermutung, denn sie kann in seinem Sinn gesteuert werden. Der Verdacht weiss, wohin er will und duldet im Grunde keinen Widerspruch mehr. Er besiegt die Vermutung.
Der Verdacht würde sterben, würde er zur Gewissheit. Seinem Wesen entspricht, dass er, so lange er wütet, Wunden frisst, die vielleicht über die Gewissheit hinaus Narben schlagen. Denn die Qual, die der Verdacht schürt, kann schlimmer sein als die Gewissheit, denn mit ihr ist besser umzugehen.
Das Ungewisse, das der Verdacht als sein Wissen reklamiert, hindert uns je länger je mehr, nicht auch zu vermuten, um dann auch zu verdächtigen und zum Komplizen des Verdachts zu werden.
Wir verdächtigen vielleicht mit, ohne mehr zu wissen, denn sonst müssten wir ja nicht mehr verdächtigen.
Je ungeheuerlicher der Verdacht, um so faszinierender ist er. Und richtet er sich gegen Personen, die wir eh im Verdacht haben, zu manipulieren, so ist er viel leichter aufrecht zu erhalten und kaum mehr auszumerzen.
"Wir haben es ja schon immer gewusst", sagen wir dann. Und nie haben wir mehr gelogen, ohne es wissen oder sehen zu wollen. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, sagen wir dann und andere Weisheiten. Und diejenigen, die in die Glut blasen, um das Feuer zu schüren, sind niemals die Brandstifter, weil sie nicht die Faszination des Opfers haben, das mal Täter war.
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