Sonntag, 29. Juli 2007

Wind

Du weisst nicht, wo er herkommt, und Du weisst nicht, wohin er geht. Er ist unsichtbar, aber er trifft Dich bestimmt. Er kann Dir schmeicheln oder an Dir zerren oder Dich bedrohen.
Er vermag alles. Meist kündigt er sich an. Manchmal langsam, manchmal bleibt kaum Zeit, sich zu schützen.
Er trocknet die Haut aus, peitscht die See, er treibt Schiffe an, bewegt Wolken, bringt Stürme, reisst Nebel auf. Wind ist nicht gut, nicht schlecht. Er ist Teil des Wetters. Wir leben mit ihm, wünschen ihn weg oder herbei.
Wir fühlen ihn, wenn er da ist, und sehen, wie sich ihm alles mehr oder weniger bäugt. Die Gräser legen sich flach und knicken nicht, sich sperrende Äste aber sind gefährdet.
Wind ist lautlos? Nein, natürlich nicht. Oder doch? Der Antrieb, die Herkunft ist lautlos, was wir hören, ist das Ächzen der Materie, das scheinbar Feste, das bersten will, die Luft, die bewegt wird. Alles reibt sich am Wind, nichts bleibt unberührt.
Wenn Gott wirklich jedermann ersichtlich werden möchte, wie wir es uns manchmal in Selbstgerechtigkeit uns wünschen, so täte er es wohl als Sturm oder lauer Sommerabendwind.
Wind kann auch ausgleichend sein und am Meer den Tag mit der Nacht versöhnen - oder umgekehrt?
Wind lässt uns den Kopf einziehen und verscheucht zerstreute Gedanken.
Wind kann den Atem rauben: Plötzlich fehlt uns der Sauerstoff vor dem Mund, der Nase. Was selbstverständlich immer da ist, bleibt plötzlich Wunsch, ist flüchtig, muss erbeten werden.
Wind lässt uns kauern, fördert und verlangt unsere Demut.
Wind ist aber auch Energie, Reibung, Kraft, kann Freude sein, die Sprache, mit der uns die Raubvögel zeigen, was für herrliche Geschöpfe sie sind, wenn sie auf dem Wind dahin gleiten.
Wind macht eine Feder zur tanzenden Fee, schenkt ihr scheinbar Schwerelosigkeit.
Was genügend Wind bekommt, lässt sich von Menschenhand nicht einfangen. Wind lässt sich auch nicht aufrecht erhalten, einsperren. Wind wird geschenkt oder geschickt. Mit dem Wind müssen wir leben. Auch mit seinem Ausbleiben.

Sonntag, 8. Juli 2007

Wahrnehmung

Das eigene Auge nimmt etwas für wahr - die Sinne sehen, fühlen, hören, schmecken - und schenken mir ein Bild. Ist es Einbildung oder Wahrnehmung? Was ist wahr? Was real? Was unumstösslich?
Nehme ich nichts mehr wahr, so gebe ich die Sinnenfreude auf, die Neugier, die Freude. Stecke ich zusehr in den Dingen, so sehe und fühle ich nichts als diesen einen Schmerz, diese eine Freude. Das ist Intensität, aber auch eine Schaukelei von Extrem zu Extrem. Die vornehmere und manchmal Sinn-bringende Wahrnehmung ist die Beobachtung. Das bisschen Distanz macht es aus, dass die Heftigkeit manchmal der Gelassenheit weichen kann und ich zum Wörtchen "Wahr" in der Wahrnehmung einen anderen Bezug bekomme.
Wie oft hören wir nicht richtig hin, sehen wir nicht, fühlen wir nicht?
Ja, wir tun es ständig, aber immer zu laut, zu breit, zu oberflächlich, zu flüchtig. Eine Wahrnehmung verpassen, heisst vielleicht, eine andere um so intensiver und nachhaltiger nutzen zu können.
Ob wir leben oder konsumieren entscheiden wir nicht zuletzt selbst durch die Kunst unserer Wahrnehmung.
Wir können bewusst atmen, aber auch sehen. Wir haben einen ständigen Schatz des Reichtums in unseren Sinnen. Wir sind ihnen nämlich nicht ausgeliefert. Wir können sie vielmehr nützen, leiten, einsetzen. Wir können im Grau die Nuancen erkennen, das Weisse, das das Grau nicht schwarz sein lässt, wir können darin das Blau vermissen und ihm nachtrauern. Wir können im Moment der stumpfen Wahrnehmung in Traurigkeit versinken, oder das Vertrauen üben, das uns das Blau dann auch sogleich erkennen lässt, wenn es sich zeigt.

Wahrnehmung ist immer wahr. Es gibt keine Objektivität, die wir nützen können, wenn wir sie nicht subjektiv akzeptieren, erkennen, deuten, annehmen. Die Realität machen wir selbst. Und wir verkennen sie auch genau so selbst. Nicht leicht das Leben. Aber individuell. Und mehr selbstbestimmt in allen Gegenbenheiten, als wir meist glauben.

Sonntag, 1. Juli 2007

Imageverlust

Ein Image geht verloren. Was schreibe ich? Wir reden hier ja schon von Verlust, wenn das Bild nur schon angekratzt ist. Unsere Bedeutung in Bildern, die von uns gezeichnet werden, die uns gefallen und nach denen wir uns längst ausrichten, weil uns dieses Bild, Gemälde von uns selbst recht ist. Wir werden gern so gesehen. "So", bedeutet bedeutungsvoll, geachtet, akzeptiert, vor allem aber wahrgenommen, lieber noch bewundert. Wir haben die Antennen ganz weit ausgefahren - und jetzt schepperts und kratzt es im Lautsprecher, und das Lachen, das doch immer so schnell kam, ist plötzlich hämisch und gemein.
Der Vorhang lässt sich nicht schliessen, und Du stehst auf der Bühne, die eben noch Applaus versprach, und nun kannst Du Dich nicht vor den Pfiffen verkriechen.
Dabei wäre der Verlust ja nur das Kleid, das Kostüm, das eh nicht zu mir passte, das mir zu eng wurde oder zu weit blieb, das mir Energie absog, mich band, und mag es auch mit goldenen Schleifen gewesen sein.
Imageverlust ist vielleicht eine Blamage, aber sie betrifft im Grunde nur das Ego, und so gesehen kann es auch eine Gnade sein, dies früher zu erleben als auf der letzten Ruhestätte.
Wer jetzt bei mir ist, hat nicht mein Bild geliebt, sondern mich dahinter gesehen und mir vielleicht mehr von dieser Nacktheit gewünscht, nicht um mich zu verspotten, sondern um mich zu spüren.
Das Abwenden anderer macht das Zuwenden meiner selbst zu mir notwendig, denn nun geht es um mein Leben. Das Überleben in einer Stellung funktioniert vielleicht nicht mehr. Zum Glück am Ende, auch wenn es ein Drama bleibt, dass es so weit kommen musste.
Dabei wünschen wir uns doch Identität mit dem Bild von uns. Und doch sind wir immer anders, als wir gesehen werden.
Was verlieren wir da also, und wann gewinnen wir?

Distanz

Aber nein, nahe ran gehen wollen wir doch und an uns heranlassen sollen wir die Menschen. Das Leben ist kurz und pulsiert und soll Freude machen und Lust. Da ist Distanz Reserviertheit, Zurücksetzung des eigenen Wünschens.
Distanz ist die bekannte Strecke zwischen zwei Punkten. Oder von meinem Standort zum Horizont. Eine nicht nahe Wegmarke, die erst noch erreicht werden muss. Habe ich zu etwas Distanz, so kann ich es betrachten, ja gar beobachten. Ich habe nicht das gleiche Tempo. Ich kann etwas ziehen lassen oder auf mich zukommen lassen. Mir bleibt Zeit. Und Übersicht. Distanz gibt mir oder erhält mir meine Macht. Meine Selbstbestimmung. Keine Vereinnahmung. Es braucht mein bewusstes Wollen für mehr Nähe.
Distanz ist aber auch eine Entfernung, die in sich schon das Sehnen oder zumindest das Fragen nach dessen Überwindung trägt. Gelingt es nicht oder entsteht nicht einmal mehr der Wunsch danach, so ist der Grat zwischen Einsamkeit und Alleinsein schmal.
Distanz kann sehr leicht arrogant wirken. Und wird so reflektiert, durch Reaktion zementiert. Distanz kann zu Zurückweisung führen, in die Isolation, in Abgeschiedenheit und Stille.
Distanz erleichtert Objektivität. Die Beobachtung seiner selbst. Dies ist die Distanz, die Gelassenheit fördert, und das Staunen über sich selbst lehrt, die stille Freude am Wunder des eigenen Wesens. Distanz ist ein Durchatmen, dem ein Dankeschön folgen kann an den Schöpfer. Ein Verwundern darüber, wie gut die Dinge sind, so wie sie sind. Die Zeit rennt plötzlich nicht mehr, sie misst nicht länger als einziges Mass unser Wahrnehmen und Erleben.
Warum nur habe ich gerade diesmal genügend Zeit, den Schlusspunkt zu setzen, mich abzusetzen unter dem Text, in die Distanz, um ihn zu lesen, mich zu lesen?

Mittwoch, 20. Juni 2007

Hass

Ein Wort wie ein Hammer. Nur dass es schon von alleine niedersaust. Und einen gleich mitzieht, so bald man sich in seine Nähe denkt.
Hass macht blind. Blitze im Kopf, nur schon, wenn man ihn sich denkt. Er soll der Liebe folgen und ist wohl viel mehr Ausdruck enttäuschter Erwartung. Oder er richtet sich gegen etwas viel Unbestimmteres und per se gar nicht Definierbares, wie z.B. ein Volk. oder "die Ausländer". Dann zügelt Hass eine Angst oder kanalisiert einen Frust, ein selbst ausgegrenzt sein. Mancher sagt Hass und meint Verzweiflung. Aber wer will sie sich schon eingestehen?
Aber Hass IST Kapitulation. Der Verlust jeglicher Selbstkontrolle, Selbstaufgabe in blindwütiger Raserei. Hass ist die Bankrotterklärung alles Menschlichen, die Aufgabe der eigenen Moral. Hass überlebt in der Gruppe, wird da zum Brandherd. Hass in einer Person allein richtet sich gegen innen und zerstört das eigene Empfinden.
Hass meint den Tunnelblick und sucht doch die Prügelei links und rechts, denn voraus gibt es kein anderes Ziel, wenn die Schranken fehlen, die eingerissen werden sollen.
Hass kennt keinen Schlaf, ist ruhelos, treibt in sich selbst ein Zahnrad an, das niemals stoppt, stoppen darf, weil jedes Nachdenken zum Feind des Hasses wird.
Hass ist, sagen wir, einer Zivilisation nicht würdig und ist doch durch sie geboren worden. Hass will Rache. Hass ist immer auch Angst. Verzweiflung angesichts der eigenen Ohnmacht, die nicht sein darf. Hass ist der Schorf ungeheilter Wunden, er gedeiht da, wo es kein Verstehen gibt, keinen Rückzug, keine Geborgenheit, wo ein Mensch nicht mit sich sein kann.
Hass ist niemandem zu wünschen. Er gebärt nur Opfer.

Sonntag, 17. Juni 2007

Glaubensbekenntnis

Wenn Sie etwas nicht einfach so daher sagen, sondern dafür einstehen, wenn Sie Farbe bekennen, sich für etwas hinstellen, dann nehmen sie Widerstand in Kauf, Ausgrenzung, Ablehnung. Ein Bekenntnis ist so was wie ein Beichten ohne Scham, eine Aussage ohne negatives Vorzeichen, ein Bejahen in Stolz und Würde - gegen allen möglichen Widerstand.
Am Christentum bzw. an unserem so durchschnittlichen Christsein stört mich wohl nichts so sehr wie unsere mangelnde Glaubenscourage: Es ist ja nun wirklich nicht zu behaupten, dass es eine grosse Überwindung bedeuten würde, in unserer friedlichen Welt sich zum Christentum zu bekennen. Dennoch tut es kaum jemand. Was wir sofort bereit sind zu leisten ist unser Beweis an Toleranz: Wir sind offen für alles, lassen jedermann leben und allen ihre Meinung (oder hat sich das schon längst wieder geändert?). Aber sich zu einem Gott bekennen? Sagen, ich glaube an ihn? Sich Fragen dazu gefallen lassen und auch Antworten zutrauen?
Wir gehören doch nicht zu den Eiferern, die wir ja auch kennen, und die ihren Gott einfach jedem aufs Auge drücken wollen und sonst wohin. Nein, das nicht.
Aber, so wir glaubten, müssten wir da doch auch zu unserem Gott mindestens so stehen, wie zu unserer Frau, die wir, zumindest darum gefragt, auch bereit sind, in jeder Runde vorzustellen.
Bin ich bereit, über Gott zu reden. Meinen Gott? Wie ich mit ihm umgehe? Habe ich überhaupt so was wie einen Umgang mit ihm? Einen Vertrag? Einen Willen zu Verbindlichkeit? Bekenne ich mich zu ihm?
Wo ist mein Kennen von ihm?
Ein Glaubensbekenntnis darf dabei immer ein Reden über Glauben bleiben, und vielleicht ist uns das peinlich: Sich einem eventuellen Urteil der Naivität auszusetzen: Dazu stehen, zu glauben, auch ohne zu wissen. Einem Nicht-Wissen, aber einem Fühlen ein Fundament zu geben, es als solches zu nehmen und seinen Fuss darauf zu setzen.
Oder ist der Zweifel das Ehrliche, doch die innere Unruhe, dass der Glaube eben kein Wissen ist, nur ein Vermuten, nahe an der Hoffnung, dass er doch wahr sein möge...

Hoffentlich bekennt sich Gott sehr viel entschiedener zu Ihnen und zu mir...

Dienstag, 12. Juni 2007

Stammtisch

Ein Tisch um einen Stamm? Eine Gruppe, die einen Stamm bildet. Ein Zentrum. Ein Ort der Begegnung, wo Festes gilt. Verlässlichkeit. Wo man sich kennt und sein lässt. So man denn dazugehört.
Der gruppale Infekt, in leicht abwandlerischer Wortspielerei, droht auch ein bisschen: Das Dröhnen im Chor. Meinungen dürfen auch mal etwas deftiger daher kommen, Hautpsache, sie sind kongruent. Der Bazillus der Vereinheitlichung geht um.
Ein Stammtisch ist aber auch ein Ort der Begegnung. Auch wenn nicht gelallt wird, muss nicht unbedingt gesprochen werden. Man weiss um sich und hat sich längst akzeptiert. Fehlt einer, fällt das auf. Fehlt einer für immer, ist man zumindest so traurig wie der Rest auf dem Friedhof.
Und trinkt noch einen.
Es gibt auch Stammtische, die entwickeln Kultur. Jassen, Debattieren, Kegeln. Halt! Zum Stammtisch gehört, dass man bombig sitzt - wie eine Eiche halt. Unverbrüchlich. Den Zigarillo im Mund, gequetscht in der schiefen Ecke, das Bier gefährlich nahe der Aschenfallgrenze postiert.
Die Meinungen sind gemacht, gleichwohl müssen sie mitgeteilt werden. Die Serviertochter ist annektiert. Schafft sie das nicht, ist sie praktisch schon weg. Ich kenne keine Beiz, in der sich eine Bedienung wider den Willen eines Stammtisches zu halten vermag.
Der Stammtisch ist eben auch die Keimzelle der Rentabilität eines "Spunten", wie wir sagen.
Mit dem vergilben der Rauhfaserwände werden die Haare grau und dann lichter, die Worte einsilbiger, und irgendwann ist der Stammtisch tot. Gibt es Nachwuchs? Ich weiss gar nicht. Dies ist ein Beitrag aus der Erinnerung, fern der ländlichen Umgebung, in die ich auch als Kind nur noch hinein schnupperte, und fern noch des Rauchverbots, das den Quartierbeizen heute auch noch droht.

Mittwoch, 6. Juni 2007

Freiheit

Eine wesentliche Form der Freiheit wäre damit wunderbar dargestellt: Den Rest dieses "Blattes" leer lassen. Sich die Freiheit nehmen, während 10 Minuten eben NICHT über Freiheit zu schreiben, sondern das Blatt leer zu lassen und die Freiheit zu geniessen... Wir sind oft Gefangene unserer eigenen Regeln. Was wir uns vorsagen lassen, gibt uns Struktur, aber es engt uns oft auch ein. Wir klagen, wir möchten dies oder jenes tun können - und lieben es gar nicht, dann zu hören, dass dies doch durchaus möglich sei.
Manche Unfreiheit ist bestimmt durch die Macht, die wir begleitenden Umständen und Menschen einräumen. Und den Aufgaben und Pflichten, die wir für diese spüren.
Dieser Ambivalenz unserer Fürsorge auf die Spur zu kommen, ist gar nicht so einfach. Auch wenn ich meine Freiheit in der Bezähmung oder gar Ablegung meiner Wünsche und Sehnsüchte finde, kann ich immer noch in Erwartungen gefangen sein, mir würde jemand Zuneigung und Dankbarkeit schulden für mein Sorgen. Wir handeln ständig nach Verträgen, sogar im Umgang mit Gott feilschen wir: "Wenn, dann", sagen wir.
Und schaffen damit die nächste Unfreiheit.
Das Bestehende als Gegeben ansehen können, es stehen lassen und sich nicht darüber zu definieren - das eröffnet eine neue Form Freiheit, aus der heraus auch diese Übung ganz anders geschrieben werden kann als aus dem schlichten Antrieb, ein Vorhaben durchzuführen.
Freiheit schenkt ein schlichtes Staunen über meine Gegenwart, wenn ich mir wie von aussen zuschaue und eine Art Neugier entwickle für mich selbst. Ich bin sehr viel freier, dies oder jenes zu tun, als ich glaube.
Und ich kann mitten unter den Menschen, denen ich verpflichtet bin, meine Freiheiten entdecken.
So lange ich Sauerstoff zum Atmen brauche, werde ich immer in Abhängigkeiten leben. Ich kann es aber im Staunen darüber machen, was daraus möglich wird. Und mich entwickeln wollen nach meinem Wesen - denn eine grössere Freiheit, als mich selbst zu werden, kann ich im Leben nicht entdecken.
Was ich bin und worin ich frei bin - das bestimmt niemals ein anderer. Ich kann mir hier nur selbst im Weg stehen. Andere reagieren auf mich und das, was sie in mir sehen - und dabei mit ihren eigenen Freiheiten und Zwängen. Entsprechend sehen auch sie mich frei oder eben so eingeschränkt, wie es ihre eigene Freiheit erlaubt.
Helfen wir uns, uns frei zu begegnen!

Mittwoch, 30. Mai 2007

Unlust

Sie ist grau. Hat schlaffe Muskeln, null Energie und einen pelzigen Geschmack auf der Zunge. Keinen Bock haben ist für andere ätzend, für einen selbst aber auch. Manchmal fehlt es am Kleinmachen des inneren Schweinehundes. Es ist aber auch möglich, dass die Unlust ein guter Bote ist: Denn eigentlich sagt das Wort, dass etwas, was mal schön war, plötzlich keine Freude mehr macht.
Und das ist ernst zu nehmen.
Den wenigsten Menschen ist es anzudichten, dass sie notorische Nörgler und Lebensverweigerer wären - oder sein wollen. Es fehlt vielleicht am Zutrauen in sich selbst, in die Welt und der Weltenlauf für mich, myself, the one and only little thing without any importance at all.
Ich habe aber niemand anderen als mich selbst, zumindest wenn es hart auf hart kommt, wirklich hart, und darum sollte ich versuchen, mit mir auszukommen. Und das ein bisschen lustvoll. Vielleicht merke ich dann, dass die sogenannt Abgetörnten durchaus auch die sein können, von denen ich das nie vermutet hätte. Während meine eigenen dunklen Löcher gar nicht so trist sind, wie ich glauben will.
Ausserdem kann man die Vorhänge aufreissen, das Licht hinein lassen, und das so lange und so hartnäckig, bis man genug hat vom eigens ausgeströmten Siff und das grosse Aufräumen anfängt.
Da muss kein Palast aus dem eigenen Lebensgebäude werden - nur ein Häuschen, in dem man am Morgen gern den Fensterladen öffnet, weil man vom Tag den Sonnenschein erwartet und auch gewillt ist, ihn zu finden und dann zu sehen, zu fühlen und zu tanken.
Ist doch interessant, wie unterschiedlich die Bilder sind, die wir vor dem Sonnenschein abgeben, nicht wahr?
Er ist wie ein ständiges Angebot, an dem man vorbeigehen kann oder auch nicht - es kommt nur darauf an, ob man etwas vertrauenserweckend finden kann, das zuerst einmal gratis ist.
Allerdings mag nur der Ball gratis sein. Üben muss ich mit ihm das Spiel dann schon selbst. Und Fehler und Niederlagen akzeptieren. Aber auch die Lust am Unbeschwerten darf ich neu entdecken. Vielleicht sogar am Fehler machen und Lernen. Und die Fortschritte werden nicht kleiner, wenn ich sie klein rede. Aber nutzlos, weil ich mich nicht an ihnen aufbaue.
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