Die Vermutung hat keine Frage gestellt und doch schon eine Antwort geliefert. Damit fühlt sie sich nicht richtig wohl, und so ist es meist so, dass, wenn sie ausgesprochen wird, darin auch die Frage liegt - es muss ja nicht richtig sein, was ich denke. Eine Vermutung kann auch mutig sein: Ich denke weiter, auf Grund von "Indizien", die Du mir gibst - und wenn ich sie äussere, laufe ich Gefahr, dass ich mich mit einer falschen Annahme zu erkennen gebe.
Eine Vermutung per se ist nie anmassend. Wenn sie sich daran erinnert, dass sie eben nur eine Vermutung ist. Sie muss überprüft werden, erlaubt das Forschen in eine Richtung, sondiert, aber schliesst noch nichts anderes aus. Wenn sie so daher kommt, macht sie sich auch nicht leicht zu einer vermeintlichen Wahrheit, sondern stellt die Frage - und hört auf die Antwort.
Eine Vermutung kann umtreiben. Der Mutlose, der nicht zu fragen wagt, kann in Vermutungen gefangen sein. Meist sind das dann auch noch Mutmassungen zu seinem Nachteil, denn niemand glaubt so sehr an unglückliche Umstände wie der Mensch ohne Selbstvertrauen. Darum richten wir auch viel mehr Vermutungen gegen Menschen als dass wir sie gegenüber irgendwelchen Sachverhalten äusserten oder hegten.
Die Vermutung erlaubt uns das Verharren in unserem persönlichen, behaglich eingerichteten Bunker, und wir nehmen vielleicht gar nicht wahr, dass wir darin gar nicht mehr sitzen bleiben können, sondern längst hin und her tigern.
Wir müss(t)en eben raus und die Vermutung überprüfen...
Die Vermutung kommt aus dem Bauch und steuert den Kopf... Leider sitzt sie meist nicht im Zentrum, im Schwerpunkt unseres Gefühls, sondern allzu gerne im beengten Herzen, hat die Angst zur Mutter statt den positiven Glauben an das eigene Geschick.
Die Vermutung ist auch das schwächste Argument des Journalisten und der Feind jeder investigativen Recherche - sie muss Motivation zur Überprüfung sein und nie das Ende einer Arbeit.
Bleibt nur eine Vermutung, so fehlt die Antwort.
Wer kann dann zur Frage zurück gehen, sie neu stellen und die Sache ruhen lassen, bis man selbst bereit ist, neu zu denken?
Am besten aber ist: Einfach fragen. Den, den es angeht. Es gibt ja genügend andere Dinge, bei denen die Fragen keine Antwort und keinen Antwortgeber finden. Mindestens auf die Schnelle nicht.
Thinkabout - 2008.01.28, 16:05
Das Leben ist kein Spiel, heisst es mahnend. Und dennoch lernen wir das Leben kennen, uns selbst, durch das Spiel. Im Spiel imitieren wir, eifern wir nach, übernehmen wir Rollen, lernen wir verlieren und gewinnen.
Wir lassen jeden Gedanken an ausserhalb fahren, sind ganz "vergessen" in unserem Tun.
Spiele nicht mit mir! Das Spiel braucht Regeln, hat seinen Platz, muss aber der Verbindlichkeit weichen, die fern jeden Dribblings den geraden Weg sucht. Spielerisch leichter dürfte der Blick für die Welt und das eigene Leben trotzdem sein, auch bei allem Ernst des Alltags.
Erwachsene spielen viel zu wenig. Einem Ball nachjagen, ist kindisch, finden wir - es sei denn, es sind unsere Tenniskünste, die über alle Zweifel erhaben bleiben. Wenigstens gegen aussen. Still fragen wir uns aber, warum wir den verd... Aufschlag immer noch nicht besser ins Feld bringen.
Beim Spiel lernen wir uns kennen. Und die anderen uns auch. Und wir sie. Lassen wir uns mal von der Spiellust leiten, zeigen wir andere, innere Seiten. Der Charakter definiert sich nicht zuletzt durch den Widerstreit mit anderen, und nirgends lässt er sich besser beobachten als im Spiel, wo der scheinbare Unernst dazu führt, dass z.B. der Ehrgeiz total ernst sich seine Bahn bricht.
Fussball ist das Spiel der Massen - wir sind das Gefühl im Fuss unserer Idole und leiden oder jubeln mit. Wir sind diejenigen, die den Ball ins Tor geschossen hätten, niemals daneben. Wir sehen jedes Offside und sind der beste und einzige Schiedsrichter.
Wir entdecken die Liebe am Diskutieren, Eifern, Supporten. Wir fühlen den Rausch der Gruppe, der Masse. Ist das gefährlich?
Am nächsten Tag gehen wir arbeiten. Und haben was zu erzählen.
Nein, für die meisten von uns ist das nicht gefährlich. Vielleicht ist es unnütze Zeit. Kommt ganz darauf an, was die Alternativen gewesen wären, statt Fussball zu schauen.
Sich im Spiel entdecken - so wird Sexualität gern beschrieben. Mit einem behutsamen Partner kann man bestimmt sich selbst ein Stück weit entdecken, lieb haben und Genuss lernen. Kein Spiel aber darf die Integrität verletzen, hier schon gar nicht.
Jedes Spiel ist so ernst, dass niemand wirklich verletzt werden darf. Der Schüler soll lernen, dass ihm das Kichern anderer, wenn er einen Fehler macht, nichts anhaben kann. Jedes Üben hat das Scheitern in sich. Im Spiel lässt es sich vielleicht schmerzfreier lernen. Und noch was: Das Talent, das einem gegeben werden kann, ist eine Freude, aber auch ein Grund mehr, sorgfältig und dankbar damit umzugehen. Auch dies kann das Spiel einen lehren.
Thinkabout - 2008.01.09, 20:59
Ich spüre mein Körpergewicht. Viel tiefer liegt es als in meiner Mitte. Gleichzeitig berühre ich keinen Boden. Ich schwebe, oder ich wate in Watte auf flüssigem Grund. Der ist nicht klebrig, nur haltlos, schwimmend, unverbindlich.
Schwer sind nicht eigentlich die Gedanken. Sie denken nur das Grau der Stimmung weiter. Ich müsste nach draussen. Ich sollte lachen über mich. Denn es ist zum Lachen, eigentlich, so ohne Grund trübe Schleier zu fühlen, rund um die Schulter und über dem Gesicht.
Ich sollte, ich müsste, ich mag nicht. In dieser Reihenfolge. Die drei Könige der Schwermut, reichen mir nicht Myrrhe nicht Weihrauch nicht Gold. Sondern Trägheit, Verzagen und Hadern.
Was mag es mit der Schwermut auf sich haben, wenn sie aufschleicht, hoch steigt, die graue Landschaft sieht und nur deshalb aus dem Fenster schaut.
Die Schwermut ist auszulachen. Sie ist kindisch. Infantil. Nicht ernst zu nehmen. In ihrem Aufleben schon dem Untergang geweiht weil einfach nicht glaubwürdig in meinem Leben. Sie ist da, immer wieder, aber sie hat keine Berechtigung, ist schlicht ein Witz angesichts aller meiner Umstände. Eine Beleidigung für alle, die Grund zum Klagen haben. Ich sollte, zumindest, die Finger tippen lassen, so wie jetzt. Denn dann wird aus der Schwermut vielleicht der eine oder andere Satz geboren, der entlarvt oder sensibilisiert.
Gute Sätze, ja ganze Bücher werden in Schwermut geschrieben. Es ist da in ihr die gleiche Kraft, die Liebe möglich macht - und eben auch geliebt werden will - und das immer anders, als es der Fall ist. Und dieses Anders will ich nicht wirklich. Ich will die Liebe annehmen, die um mich herum ist, mir mannigfaltig und von Zahlreichen entgegen gebracht wird.
Thinkabout - 2008.01.02, 14:06
Gehört zur Kerze wie zum Waldbrand. Einmal wärmt, dann brennt sie. In ihrem lieblichen Schein liegt alle Kraft der Wärme und der Zerstörung. Ein Sinnbild aller natürlichen Erscheinungen, der Grundelemente Wasser, Erde, Luft, Äther zumindest...
Wenn ich aus sicherer Distanz in eine Flamme blicke, dann löst sich mit der Zeit das scharfe Bild auf und Farben und Lichtpunkte beginnen davor zu verschwimmen. Und dennoch bleibe ich ruhig, obwohl fehlende Konturen doch fehlende Orientierung bedeuten würde. Doch die flammende Welle, zerbrechlich und doch mit aller Kraft in sich, leuchtet in mein Inneres, führt mich weiter als bis zum Rand meiner Augen. So, dass es keine Rolle mehr spielt, ob ich sie offen halte, oder schliesse.
In mir ist keine Ruhe. Ich schreie sie herbei und mache damit die Leere zu einem lauten Hallen. Die Gedanken springen, gebärden sich wild wie unbezähmbare Raubtiere.
Ich muss sie gewähren lassen und meinen Atem der Kerze anpassen. Sie könnte ausgehen... Eines Tages wird sie es. Wie mein Leben.
Worin liegt ihr Ursprung? Im Docht? Quatsch natürlich. Docht wie Wachs nehmen nur ihre Bestimmung an, leben nur, wenn sie abbrennen, schmelzen.
Werden und Vergehen - vielleicht ist es mit das Schicksal der Traurigkeit der Menschen, dass wir uns stark damit beschäftigen, wo und wie das Neue entsteht, und überhaupt nicht damit, wie das Alte zu Ende gebracht werden muss und soll.
Wir nehmen neues Leben an und wollen das alte nicht abzugeben wissen.
Wir kennen die Symbolik vom ewigen Licht. Dabei vergessen wir, dass auch dieses ohne Schatten nicht zu sehen wäre.
Wenn die Gedanken müde sind und die Kerze ihr Flackern aufgibt, ruhig brennend, zehrend und Sauerstoff nehmend die Schatten zurück drängt, ihr Tanzen beendet, dann wird mein Kopf kühler, die Gedanken jagen sich nicht mehr, ich kann sie gehen lassen, bis sie nicht wieder kommen, und die Ruhe breitet sich tatsächlich aus.
Thinkabout - 2007.12.18, 00:15
Viele Tiere, habe ich schon oft gehört, sehen nur schwarz-weiss, wenn möglich gar nur in Umrissen und verzerrten Perspektiven. Aber igrend ein Sinnesorgan haben sie bestimmt, mit dem sie so viele Facetten wahr nehmen können wie wir Farben.
Farben haben eine Geliebte, ohne die sie nicht denkbar sind:
Licht.
Es gibt keinen einzigen Farbton, der unter jeder Lichtquelle unverändert bleibt. Im Grunde kann eine Farbe ihr Kleid nicht halten. Sie ist auf Gedeih und Verderb dazu bestimmt, sich im Lauf des Tages mit der Sonne und den Wolken zu verändern. Sie ist Reflexion. Sie wird vom Licht gemalt.
Man stelle sich mal vor, dass es für jedes Meisterwerk dieser Welt nur einen Ort - und vielleicht einen Moment im Lauf der Zeit gibt, zu dem das Gemälde in seinem allermeist strahlenden Glanz zu sehen wäre...
Da kann man als Kunstliebhaber ja irre werden. Könnte man.
Stattdessen ist es besser, sich diese Tatsache des sich immer wieder ändernden Lichts zum Prinzip zu machen, das einem beweist, dass man jeden Tag selbst an einem bestimmten Ort mit einem besonderen Licht die Chance hat, eine Farbe, einen Gegenstand erstmals wahr zu nehmen.
Es kann jederzeit passieren, dass eine Farbe nur für Sie leuchtet - so besonders tief und rein, wie danach niemals mehr - für niemanden.
Der Uluru in Australien - alle erzählen staunend von seinem Farbenspiel - und die Erfahrung wird durch ein bisschen Mehr im einen Fall nicht weniger berührend. Licht und Farben halten Überfluss bereit.
Jeder Farbe aber wohnt auch grau und schwarz inne. Ein bewölkter Himmel, ein hartnäckiger November, das Abblättern von Lack, das Durchfressen von Rost. Vielleicht fehlen sogar die Konturen. Zur Farblosigkeit kommt Konturlosigkeit, verschwimmend bildet sich die Flucht vor uns aus, bildlicher Verlust von Leben.
Doch die Farben sind nicht weg. Sie kommen wieder. Wie das Licht.
Und dieses Prinzip an sich ist Mutter Erde und damit die Schöperin aller Farbigkeit. Augen auf! Mögen wir wenigstens Promille davon erkennen.
Thinkabout - 2007.08.23, 19:55
Sollte sie nicht selbstverständlich sein? Ist es nicht traurig, dass wir das Leben irgendwie manchmal wieder lieben lernen müssen?
Wie hat das eigentlich angefangen, dieses Fragen nach dem Glück, das Suchen Müssen?
Das Herz schlägt doch auch ungeachtet des Gemüts, braucht keine Motivation, tut ungefragt seinen Dienst.
Nun, um als Wunder erkannt zu werden, braucht dieses Herz unsere Fähigkeit zum Staunen. Zur Freude eben. Zur Begeisterung.
Wir lassen uns antreiben von Regung, Gefühl, unser Denken begründet eine Stimmung. Wir leben in den wechselseitigen Beziehungen unserer Sinne zu einander freudig oder betrübt, gefangen in einer Art gedanklich-psychischem Hormonhaushalt, sicher in Wechselwirkungen mit unserem Körper stehend - aber in einer Art Verantwortung des Denkens, die ausserhalb rein biologischer Prozesse steht.
Für uns stellt sich die Sinnfrage. Was bei einem Tier Instinkt ist, ist bei uns nicht verschwunden, funktioniert aber in mancherlei Hinsicht nur unterschwellig. Unser Instinkt wird hinterfragt, bewertet. Wir stellen Fragen, die über den Instinkt des Überlebens hinaus gehen. Wir sind wohl die einzige Spezies, die ihren Lebenssinn nicht in der Zeugung und der Aufzucht von Nachkommen erschöpft sieht.
Wir funktionieren zwar auch nach allgemeinen Regeln, sind Teil davon. Aber wir müssen sie bejahen, annehmen und ihnen den Sinn erst geben. Zumindest, wenn wir ehrlich sind.
Wir haben oft wenig Existenznot, die Ängste vielleicht, aber das ganz harte Überleben ist meist nicht angesagt.
Glück erschöpft sich nicht im Finden von essbaren Waldbeeren. Glück muss bei uns im Überfluss des Notwendigen Bestand haben.
Das gibt uns die Gelegenheit, weiter zu sehen.
Lebensfreude ist Lebensannahme. Bewusstheit. Staunen. Dankabarkeit. Und damit eben auch die Erinnerung und das Wissen, dass auch wir Teil der Natur sind, und das schlagende Herz eine Gnade bleibt, auch wenn ich ihm nicht Sorge tragen muss - oder nicht so sehr.
Würde ich zu wenig Waldbeeren finden - ich sässe nicht an diesem Text. Zehn Minuten an der Wärme - ohne Not.
Wie ist das Leben schön! Und wie möchte ich es mit Lebensfreude für mich und andere noch schöner machen!
Thinkabout - 2007.08.23, 19:39
Zwillinge sind mehr als Geschwister. Sie sind sich oft in einer Form verbunden, die nicht mal immer als Geschenk verstanden werden muss. Das Zusammengehören ist da immer auch Bindung - und vielleicht wünschte man sich manchmal, mehr Unterschiede zum Bruder zu haben?
Zwillinge sehen Gleiches, nehmen es wahr, konstatieren es, an sich, an einander, und es gibt da ein stillschweigendes Verstehen, ein Wissen um einander. Blutsverwandtschaft, Geschwisterschaft, ist vorgegeben, aber nicht immer erklärbar. Schicksal, Stärke, Lebensaufgabe, Bindung.
Einen Seelenzwilling zu finden, bedeutet, im Leben an einen Menschen heran geführt zu werden, der sich als Bruder erweist. Man entdeckt sich gegenseitig, findet die Geschwisterschaft, weiss nicht, wo sie her kommt und muss sie doch nicht erst bilden. Seelenzwillinge bilden Freundschaften, in denen je länger je weniger gesprochen werden muss. Da ist eine grosse tiefe Sicherheit, sich gekannt zu wissen und den anderen zu kennen.
In der Welt zu bestehen, ist einfacher mit einem Zwilling an der Seite, in Gedanken, im Wissen um ihn, sein Mitdenken und -Fühlen.
Er ist ein Geschenk, ein riesiges. Und wenn ich mit ihm verwechselt werde, so störe ich mich nicht an vielleicht fehlender Identität, sondern ich verwechsle mich selbst beinahe, so sehr erkenne ich mich in ihm wieder.
Wenn ich Dich reden höre von Dir, dann erzählst Du von mir. Und während wir reden, schauen wir uns in die Augen und wissen um unser Verstehen. Ohne Worte.
Und dort beginnt die tiefste Freundschaft: Wo keine Worte mehr nötig sind, ja sie nur hilfloser Versuch sind, etwas Perfektes mit unzulänglichen Mitteln zu beschreiben.
Tiefste Freundschaft - das wäre eine Seele in zwei Körpern, habe ich gelesen. Nun, ich will meinem Freund die Seele lassen, mich nur mit der meinen neben ihn setzen und ihn so tief in mich blicken lassen, wie niemanden sonst. Denn bei ihm bin ich sicher, dass er meiner Seele Sorge trägt. Wahrscheinlich besser und gütiger, als ich es selbst in der Lage wäre zu besorgen.
Mein Seelenzwilling ist der Botschafter Gottes, der mir erzählt, dass ich geliebt werde. Denn was ich erkenne in ihm und an ihm liebe, das fühle ich auch in mir.
Thinkabout - 2007.08.22, 23:49
An keinem anderen Ort hat man einen so guten Überblick und eine so gute Fernsicht wie auf einem Grat - und nirgends ist es so wichtig, den Blick vor allem auf den nächsten Schritt und damit auf den Boden vor sich zu richten...
Die Aussicht geniessen - das sollte man also stehenden Fusses tun, während einer Rast, wenn der Boden Sicherheit gibt und der Wind einem nichts anhaben kann.
Gratwanderungen sind nichts für Übermütige. Sie erfordern oft ein Risiko, und nicht immer ist dieses Risiko die Mühe wert.
Manchmal führt aber auch kein Weg am Grat vorbei. Dann heisst es, auf die eigene Balance vertrauen, sich seiner Schwächen, aber auch seiner Stärken bewusst sein. Den Blick nicht in die Tiefe richten, sondern auf das Ziel fokussieren, die Füsse vor einander setzen, nicht hastig, nicht zögerlich, zügig, tastend, behende, ausbalanciert mit dem ganzen Körper:
In der Gefahr sind alle unsere Sinne und Fähigkeiten auf die eine Aufgabe fokussiert. Am Ende, am Ziel kann der Stolz gemischt werden mit der Dankbarkeit, dass alles gut gegangen ist.
Gratwanderungen und Seiltänze, die nicht nötig sind, bieten vielleicht einen Kick - aber sie kommen mir immer auch vor wie eine unverantwortliche, egoistische Herausforderung des Geschicks. Und am Schluss lacht man allen glücklichen Umständen ins Gesicht und fühlt sich unbesiegbar. Hasardeure sind mitten in der Natur meilenweit von derselben entfernt. Sie schleppen ihre eigenen Defizite an Lebendigkeit in die Berge, befestigen sie notdürftig an Seilen oder Fallschirmen und lassen sich fallen...
Zuhause recken sie die Hälse auf der Suche nach der Bewunderung.
Da bin ich lieber der Wanderer, der im Schatten des Grates dem Wind zusieht, wie er über mich hinweg pfeift und in der Nähe die Wolken fort schiebt.
Dafür hege ich aufrichtige und sehr kindlich-glückliche Bewunderung...
Thinkabout - 2007.08.11, 14:00
Das Ankommen am Ort, wo man nicht nur weiss, dass einem aufgetan wird: Man kann hinter sich schliessen. Man besitzt den Schlüssel, hat Einlass, wird gar empfangen, erwartet vielleicht, umarmt. Von Düften, Gerüchen, Erinnerungen, von Emotionen und Menschen, wenn man ganz glücklich ist.
Heimkehr ist auch, wenn scheinbar alt Vertrautes neu wahr genommen wird. Die Abwesenheit wird zum Freund im Erkennen, wie sehr daheim ich an diesem Ort bin. Heimkehr ist also das neue Gewahrwerden des Glücks der kleinen eigenen Welt. Heimkehr ist der Moment, in dem ich nichts mehr bewegen muss und ich auch selbst zur Ruhe komme.
Heimkehr kann bedeuten, dass ich merke, wie krank ich bin - oder wie glücklich ich mich schätzen darf. In jedem Fall aber ist es eine Hinwendung zu mir. Heimkehr ist Einkehr ohne Egotrip. Die Heimkehr ist nie die Gipfelerstürmung, sondern die Ruhestätte, die in sanfte Hügel eingebettet ist, in eine Landschaft, die die Zeit fliessen lässt und einen doch in der Gegenwart belässt.
Heimkehr ist der virtuelle Stopp für meine Gedanken, das Nachtlager meines Lebens, oft aber viel mehr, nämlich die Voraussetzung für das Neue, die Hilfe für die Klarheit, das Erkennen der Wurzeln.
Und die Reise, wie sie auch immer ausgesehen haben mag, ist zu einem Ende gekommen, ob erfolgreich oder nicht. Ich erreiche einen Punkt, den ich schon kenne, oder werde auf ihn zurück geworfen. Und doch ist bei allem Wiedersehen doch erstaunlich, wie anders alles sein kann mit meinen gewandelten Augen und Sinnen.
Mein Ort ist Reflektor meines Seins, meiner Bilder, meiner Wahrnehmungen. Hier atme ich am ruhigsten - und am tiefsten.
Heimkehr - ist das Erfüllung jenseits aller Zielvorgaben und Erfolge, diesseits allen Begehrens, das plötzlich nichtig wird und schal. Hauptsache daheim. Für einen Moment das Gefühl haben, angekommen zu sein. Und bleiben zu dürfen. Willkommen zu sein bei sich selbst.
Thinkabout - 2007.08.05, 21:38