Mensch

Dienstag, 29. Mai 2007

Die andere Wange

Egal ob es die linke oder die rechte ist - sie ist auf jeden Fall besser dran. Sie wird wenigstens bewusst hingehalten, ist vorgewarnt, während die erste oft belämmert nur noch das Brennen kennt, wenn die Ohrfeige sich schon schallend im Gehörgang fortsetzt.
Das Bild der anderen Wange, die man hinhalten soll - wer kennt es nicht. Es ist sinnigerweise nicht mit dem Bild der Arschbacke operiert worden in diesem Zusammenhang. Dass man jemandem sein Hinterteil entgegen streckt, wenn möglich noch provozierend hoch, ginge dann zu weit und wäre in der Subversion dieser Gestik nicht frei von Aggression, während die reine Selbstlosigkeit so entwaffnend souverän ihre Wirkung entfaltet, dass einem ob der rosigen zweiten Wange einfach die Spucke weg bleiben muss, oder auch der Schmackes.
Es ist schon so, bewusst, ohne Affekt nochmals hinlangen erfordert eine ganz andere Überzeugung. Da wäre der Tritt in den Hintern einfacher. Aber in die Augen sehen und nochmals?
Allerdings fallen mir da ein paar Typen ein, bei denen ich das bringen würde. Was nicht unbedingt für die Typen spricht, aber ganz sicher gegen mich. Irgendwie, zumindest. Denn solches Tun verändert ja tatsächlich nichts, denn es gibt Menschen, bei denen ist Hopfen und Malz an meiner Weisheit verloren gegangen.
Und überhaupt bin ich nicht fürs schlagen. Obwohl, so ein bisschen fiese Rhetorik hat schon was für sich. Man fühlt sich schon gut dabei. So überlegen eben.
Auf einen feinen verbalen Hieb zu verzichten, fällt mir schon als Initiant schwer - aber mir vorzustellen, zu schweigen, obwohl ich eine wunderbare Antwort als Konter parat hätte - das ist UNMENSCHLICH.
Das bringe ich nicht. Obwohl, wenn ich mir das so überlege. So spätestens nach dem dritten Mal Hochschaukeln beidseits des Scheitels der konversativen Konfrontation sinkt ja unweigerlich das Niveau. Und den Kerl für die eigene Einfallslosigkeit am Ende noch hassen zu müssen - das wird definitiv beschämend.

Freitag, 18. Mai 2007

Alkoholismus

So viel Elend in 10 Minuten packen? Ich war als Kind oft in Ferinelagern des blauen Kreuzes. Nicht als Kind kranker Eltern. Weiss Gott, warum, wahrscheinlich waren sie billig und eben allseits zugänglich.
Den Kameraden habe ich nie gross was angemerkt und es war auch kein Thema. Wir haben gespielt und die Welt vergessen, wie es Kinder eben sollen.
Und können. Hoffentlich.
Eine wahre Volkskrankheit. Es soll 300'000 Alkoholkranke in der Schweiz geben. Damit sind die unter 7.5 Mio Einwohnern gemeint, die ständige ärztliche Betreuung brauchen, in Folge und wegen eben so ständigem Alkoholgenuss.
Problem und Segen liegen nahe zusammen: Alkohol ist für Viele gar keine Droge, gesellschaftlich anerkannt. Also kann in anderem Geist behandelt werden, aber verdrängt wird trotzdem. Und das Teufelszeug ist überall erhältlich.
In 20 Jahren - wird da die Zahl der Kranken sich verdoppelt haben, wenn die Generation der Alkopopps im Erwerbsleben angekommen und die Schnapsflasche im Bürotisch versteckt wird?
Wird beim Pokern weniger gesoffen als beim Jassen? Habe heute gelesen, dass Pokern das Jassen eventuell als Volkssport-Kartenspiel verdrängen könnte. Immerhin ein Hoffnungsschimmer, vielleicht.
Wie ist es eigentlich mit der Verbindung von Alkohol und Rauchen? Diese rauchgeschwängerten Kneipen, in denen die Holztische schon nach Zigarette riechen, während sich die Rotweinränder daselbst eingefressen haben, die Luft abgeschnitten werden kann und alle Stimmen durcheinander haspeln, wobei man froh sein mag, dass es oft mehr ein Nuscheln ist als ein Reden, so unzusammenhängend, wie die Sätze nach zehn Uhr abends werden. Dafür sind die Blicke dann leer, wenn auch länger und die Zeit bleibt nur scheinbar stehen, dabei hat sie eben einen weiteren Sprung vorwärts gemacht, und bleibt in ihrem Zwischenraum verloren.
So unnütz. Und traurig.

Donnerstag, 17. Mai 2007

Peinlichkeit

Oh, da bin ich gut! Die nachgeschenkte Flasche Wein im Restaurant, die ich abwesend probiere, worauf alle Gäste "Korken" in ihren nachgeschenkten Gläsern haben, die Dame, die ich nach dem Herrn begrüsse, usw.
Wäre ich in alle Böden versunken, die ich mir schon aufgehen hab wünschen lassen, ich wäre eine permanente Grundwasserverseuchung geworden.
Was tun, wenn es passiert?
Nun, aushalten. Im Moment lässt sich wohl gar nix tun. Nur den Gedanken daran verscheuchen, ob sich rote Ohren so ansehen, wie sie sich anfühlen?
Mittlerweile sehe ich das in aller Regel so offensiv, wie möglich:
Ich trete ins Fettnäpfchen? Nun, das ist die beste Gelegenheit, heraus zu finden, ob diese Fettnäpfchen die Grenze des Horizonts bilden, den meine Umgebung wahrzunehmen bereit ist?
Wenn dem so ist, so kann ich mit der Verachtung gut leben. Wenn nicht, nehme ich auch gerne freundliche Hilfe an - und bin durchaus willig, mich an Konventionen zu halten. Vor allem auch, weil ich dann mit meiner Freundlichkeit, die sehr wohl und sehr deutlich von mir gelebt werden kann, nicht nur beim rechtzeitigen Händeschütteln, eine Chance habe, meinerseits gewinnend zu wirken.
Eine Peinlichkeit kann auch eine Lockerung bedeuten. Ich bin nicht gerne der Pausenclown - aber wenn es denn sein muss, so verschütte ich die Suppe am liebsten selbst. Ich kann damit leben. Und jene, die mich wirklich kennen, und mit denen mich eine gegenseitige Neugier verbindet, auch.
Das ist ja das Besondere: Konventionen geben nur eine Planke vor, aber man kann sich immer beidseits bewegen. Richtung aber ist sehr wohl gewünscht. Und was wirklich peinlich ist, auch nicht für jedermann gleich.
Einer Frau allerdings gönne ich generell viel weniger Peinlichkeiten. Das quält mich wirklich. Da bin ich sehr viel galanter als so mancher Anstandswauwau. Frauen sollen glänzen und schön sein dürfen und wenn man über sie lacht, soll es ihnen schmeicheln.
Kommt es anders, ist es wirklich eine Katastrophe. Es sei denn, die Frau reagiert souverän. Etwas Attraktiveres gibt es eigentlich nicht.
Übrigens, damit wir uns nicht falsch verstehen:
Trampel, die partout keinen Anstand kennen wollen, kann ich nicht ausstehen. Sie sollten mit samt den steifsten Ritualbetern gesellschaftlicher Anlässe ausgesperrt und so lange zusammen gepfercht werden, bis sie sich in der Mitte angeglichen haben...
Die Gespräche bis dahin wären bestimmt interessant...

Dienstag, 15. Mai 2007

Träume

Tag- oder Nachtträume? Ein traumloser Schlaf - wie erholsam ist er, weil er meist sehr tief ist... Ein Tag ohne Träume - verspricht er nicht das bessere Leben? Wer nicht träumt, muss sich zwangsläufig mit dem IST arrangieren.
Jeder kennt wohl diese komische Art Halbschlaf, vielleicht am frühen Morgen oder in der zweiten Nachthälfte auf jeden Fall, aus dem man immer aufwacht oder besser aufschreckt, mit den Traumfetzen im Kopf. Dann sinkt man nieder und möchte weiter schlafen, und fast wie im Zwang denkt man sich in den Traum zurück. Und es dauert lange, bis man daraus wirklich hoch kommt - oder in tieferen Schlaf ermattet zurück sinkt.
Doch Träume müssen nicht quälen. Wir meinen mit ihnen ja viel mehr die unerfüllten Sehnsüchte, die uns durch den Alltag begleiten. Jeder hat sie, die Träume. Sie sind ein Zeichen dafür, dass wir vom Leben etwas erwarten. Und dann sind sie gut. Vor allem, wenn wir uns auf die Träume konzentrieren, die zwar weit weg scheinen, aber nicht völlig unrealisierbar sind. Es ist sehr viel mehr möglich, als wir denken.
Wer Träume nur in den Händen dreht wie ein Schmuckstück, das eh nie einem selbst gehören wird, quält sich hingegen nur.
Träume - sie drücken sehr viel aus über unsere Sicht auf unser Leben. Was gefällt uns daran, wovon wünschen wir uns weg, aber gründlich? Was kann ich ausser dem Wünschen noch dafür tun, dass es so kommt?
Träume, die Realität werden, haben oft sehr viel mit Handeln zu tun.
Bildhaft gesprochen: Wenn ich davon träume, einen Frosch zu küssen, der dann ein Prinz wird, dann muss ich in Gottes Namen ein paar Kröten busseln...
Aber eben, mit gewissen Träumen ist es so, dass es uns reicht, wenn sie in den Hochglanzmagazinen visualisiert werden. Der Glamour wäre ja nicht derselbe, wenn er plötzlich greifbar wäre.
Also schön auf Distanz bleiben - und die Ahnung haben, dass es ein besonderer Traum wäre, im schönsten Traum schon jetzt zu leben.
Vielleicht würde es uns nicht im Traum einfallen, aber nur im ersten Moment:
Es ist doch erstaunlich Vieles zum Guten bestellt, sobald ich den Lärm der Forderer und Quängeler in mir verjage und aussperre.

Sonntag, 13. Mai 2007

Fetischismus

Was einem so am Muttertag auf den Tisch flattert... Und doch ist, nüchtezrn betrachtet, das Thema allen näher, als sie glauben. Denn jeder kennt folgendes:
Das Ding, den Gegenstand, den man ausgesucht schön findet. Von dem man gepackt und angzeogen wird. Man liebt dann das Design... Woher kommt die Hinwendung und Anziehung an Gegenstände, ein Schuhwerk, ein Material der Bekleidung? Ismen sind Stereotypen, die sich bilden, also weit über das Verhältnis eines geneigten Betrachters hinaus gehen. Eine Anziehung, die gefangen nimmt, endloses, uferloses Faszinosum gar?
Wir lächeln da vielleicht gern und stellen uns Typen vor, die mit langen Regenmänteln durch den Wald huschen, oder, um genauer beim Typus zu bleiben, mit Feldstechern in dunklen Fensternischen kauern mögen.
Heute werden die Fetische ja offener ausgelebt, Street Day sei Dank, z.B., sofern dafür zu danken ist. Denn eigentlich wird nichts besser dadurch. Eine Fixierung bleibt eine Einschränkung. Sie kann bedient werden, vielleicht gar genossen. Der Aussenstehende wird es trotzdem vielleicht gar als krank empfinden - und selbst eine Frau vielleicht nur dann attraktiv finden, wenn sie in Pumps geht statt in Ballerina-Schuhen. Oder umgekehrt.
Ich habe noch nirgends eine gescheite (oder viel eher lebensnahe) Erklärung für das Entstehen von Fetischen gelesen, und so denke ich, dass hier wie bei vielem anderen auch alles in bester Ordnung ist, wenn zwei Menschen miteinander damit bestens umgehen können, es vielleicht zu teilen vermögen - und zu geniessen. Dann wird jede Diskussion überflüssig - und banal, unqualifiziert, wie dieser Eintrag auch.
Was mir gefällt, ja mich fasziniert, muss niemand anderen beunruhigen - so lange ich ohne diesen Teil von mir nicht partout gar nicht mehr sein kann. Denn dann kann ich nicht mehr teilen, nur zuschauen, fragen - und ganz bestimmt nicht die Antwort kriegen, die mir weiterhilft.
Einem Fetisch wird eben sehr oft mehr zugedacht, als er auch für den Faszinierten leisten kann. Denn Fetische werden überladen, übersteigert, wie alles, das scheinbar Wirkung erzielt.
Und plötzlich frage ich mich: Wird am Ende alles, was an die Öffentlichkeit gezerrt wird, WEIL es Erregung bringt (ablehnende oder bejahende) gerade dadurch zum Fetisch, dass die "Öffentlichkeit" es zum goldenen Kalb macht?

Mittwoch, 9. Mai 2007

Erbschaft

Er hat was erben können. Früher wurde das nur geflüstert. Wahrscheinlich, um den Neid in der eigenen Stimme zu kaschieren. Mittlerweile erbt die Generation, die schon in Wohlstand aufwachsen durfte - oder zumindest ohne Notstand, grosso modo. Mittlerweile ist erben also Volkssport. So richtig glücklich dabei zu werden, ist trotzdem nicht leichter als bei einem Lottogewinn. Erben bedeutet meist Streit, oder zumindest die Bestätigung, dass man Verwandte hat, um sich seine Freunde zu verdienen.
Und der Vererbende, der auf sein zu verteilendes Erbe hinweist, ist für den Aussenstehenden allenfalls peinlich, für den Erben in spe. aber schlicht mühsam, demütigend, entwürdigend oder lächerlich - je nach zwischenmenschlichem Pegelstand. Wobei die Betonung wohl auf "Zwischen" liegt.
Geld macht eben nicht glücklich. Vielleicht macht es einmal unabhängiger, nachdem man zuvor gelernt hat, dass es eigentlich dazu da ist, andere abhängig zu halten. Manches Erbe wird also sehr teuer erkauft, obwohl es vielleicht "gratis" ist und nicht mal Steuern bezahlt werden müssen (sind an immer mehr Orten abgeschafft).
Ich habe einen Tipp:
  1. Das Erbe gar nicht erst zur Erbschaft werden lassen! Damit meine ich:
    Selbst geniessen und den anderen die gute Laune schenken, also dabei nicht den Eifer derjenigen entwickeln, die zu hecktischen Kompensierern an der eigenen bisherigen Mangelleiderei werden.
  2. Verteilen, so lange man sich noch an der allenfalls geschenkten Freude selbst erfreuen kann. Bitte nicht so handeln, wenn man Gefahr läuft, sich in der Folge über den Verbleib des selbst Ersparten zu ärgern...
  3. Unbedingt selbst noch verteilen, wenn man sich am Ärger bestimmter Menschen gütlich tun könnte, nur schon, um dem Vorwurf auch posthum nicht ausgesetzt zu sein, man hätte sich feige vom Acker gemacht und quasi heimlich jemandem ans Bein gepinkelt.
Was schreibe ich auch so Vieles daher? Wie Sie es selbst machen, kann es verkehrt oder richtig sein. Alles Geld der Welt reicht wohl nicht aus, alle Wirkungen der Erbschaft voraussehen zu können. Aber das kann ja dann getrost auch anderer Sorge sein, auch wenn Sie sich das noch nicht so recht vorstellen können.

Montag, 7. Mai 2007

Wehrdienst

Das Schweizer Miliz-System kennt die allgemeine Wehrpflicht. Der wird zwar heute nur noch bedingt nachgelebt, stehen doch heute sehr viele junge Männer mit 19 vor der plötzlichen Erkenntnis, ernsthaft in der Entwicklung beschränkt zu sein, psychisch instabil oder gar schwule Regungen zu verspüren bzw. sich nicht mehr ausreichend bücken zu können, um die Schnürsenkel zu binden. Der Armee ist es recht, denn längst hat sie keinen so hohen Bedarf mehr, trotz Pillenknick. Einen veritablen zivilen Ersatzdienst gibt es bis heute bei uns nicht in ernst zu nehmender Form.
Ich bin ein Menschenfreund. Ich liebe das Leben und alle Lebewesen. Und ich tue das Menschenmögliche, dass kein Krieg herrscht zwischen mir und meinen Nächsten. Gibt es aber Krieg, so muss ich mir eingestehen, dass ich mit allen idealistischen Idealen und dem Banner der hoch gehaltenen Nächstenliebe ich nicht zusehen könnte, wie sich jemand darum foutierte und meiner Familie oder vor allem meiner Frau ein Leid antun würde. Ich würde mich wehren. Bis zum Äussersten. Damit zu leben, fiele mir immer noch leichter als mit Untätigkeit. Für meine Nächsten könnte ich zum Äussersten gehen.
Das ist die Realität des Krieges die praktisch nur Opfer kennt. Und ich wäre eines von ihnen, mittendrin. Denn ich bin Soldat geworden, und dann gar Offizier. In unserem System gibt es die Möglichkeit, Soldaten zum Unteroffizier zwangszuverpflichten. Und da ich nicht viereinhalb Monate meines Lebens wegschenken mag, kann ich auch nicht aufs Maul und die Augen hocken, wenn Ungerechtigkeiten passieren. Die ach so Redlichen, die im Militär 17 Wochen lang Ferien vom Menschsein gemacht haben, um nicht aufzufallen, habe ich nicht ausstehen können.
Sie haben es sich und anderen damit nicht wirlich leichter gemacht, waren danach aber wenigstens aussen vor...
Unter dem Strich hat mich das Militär nicht weniger menschlich gemacht. Und doch bin ich froh, im einzugsfähigen Alter in einem friedlichen Europa gelebt zu haben - und noch immer da leben zu dürfen.

Sonntag, 6. Mai 2007

Dorfverein

Die Schweiz ist ein Volk von Vereinsmeiern. Sagt man. Vielleicht organisiert er sich gern. Oder gibt einfach seiner Freizeit gerne eine Struktur, ist gerne Schaf in der Herde. Warum aber es schlecht reden, den Verein auf dem Dorfe? Will ich gar nicht. Alles ist gut, was uns Entspannung finden lässt vom Alltag, und ein Miteinander fördert. Das ist Kultur, fürwahr, ganz egal, was auf der Fahne steht. Oder fast egal.
Wie immer, wenn mehr als Zwei zusammen stehen, und man alos so was wie einen Kreis bilden kann, steckt Freude und Krux darin. Es gibt auch Vereine, ja es ist jedem Verein eigen, dass er auch Identität schafft durch das Dazugehören - und damit auch eine Abgrenzung gegen die anderen schafft.
Wer nicht in Vereinen mittun mag, sträubt sich nicht zuletzt gegen die organisierte Fröhlichkeit oder Ernsthaftigkeit, sieht darin ein Diktat.
Vielleicht sind da Sportvereine unverfänglicher? Der Ball muss ins Tor, da hat Ideologie oder auch nur schon der Verdacht in die Richtung einfach keine Chance, ist nur lächerlich. Bis man dann die Kommentare an der Seitenlinie hört...
Vielleicht sind Vereine aber einfach Ausdruck eines alten, weisen Idealismus: Wenn ein paar Köpfe zusammen was treiben, wird daraus ein Gruppenprozess - und schwupps bist Du gar nicht mehr so weit von Statuten entfernt.
Benimm-Regeln, wie man sich gibt auf dem Dorf, wer wo mitmacht oder sich zu fein ist... Vereine sind auch ein Abbild der Dorfkultur, vielleicht wird dort sogar die Politik gemacht. Die, welche alle angeht und am Schluss spürbar ist, wenn die zusätzlichen Parkplätze am Strassenrand aufgemalt werden - oder eben nicht.
Die sog. Grümpelturniere - ich sag' Euch, das ist das beste Argument PRO Dorfvereinkultur. Wenn die Schwinger gegen die Tischtennisspieler um den Fussball-Dorf-Pokal tschutten, dann ist die Welt in Ordnung und harmlos - weil nix wichtiger ist, als das Warum, weswegen der Kari mit seinem Bewegungstalent (sic!) soeben ein Luftloch geschlagen hat, statt den Ball ins Tor.

Lebenslauf

Manchmal werden wir aufgefordert, einen zu schreiben. Nur, weil wir einen Job haben wollen. Oder schlicht brauchen. Wir lernen, wie so was auszusehen hat, wie wir es auflisten, was hinein gehört, und was nicht, und was sich gut macht, was weniger.
Eigentlich eine Zumutung. Was geht es wildfremde Menschen an? Und doch listen wir auf, was wir gelernt haben, als würden wir uns Orden an die Uniform heften. Wir lernen, uns gut zu schreiben, und dabei machen wir vielleicht die Erfahrung, dass wir schon weniger oder schon mehr an uns geglaubt haben.
Wir sehen da Jahreszahlen stehen und Prüfungen, und vor unserem Auge läuft die Zeit ab, in der wir da lebten, die Haut, in der wir steckten, und wir fühlen vielleicht nochmals den Frust, der dazu gehörte, oder die Hoffnungen, die wir damit verbanden.
So ein Lebenslauf kann gar nicht nüchtern genug sein, dass er nicht ganz persönlich wäre. Und im Grunde bleibt er es ja auch, Gott sei Dank. Denn alle diese letztgenannten Dinge stehen nicht drin, im Rapport unseres Lebens. Aber der Arbeitgeber, die Kollegen, die Untergebenen wie die Chefs bekommen es geliefert, wenn sie mich anstellen. Alle meine Erlebnisse, Frust wie Lust, nehme ich mit in jede neue Lebenssituation.
Und darum ist so ein Lebenslauf in erster Linie eine stumme Liste unseres Lebens, eine Hülle, die nicht atmet, aber von einem Menschen erzählt, der genau das möchte, und Gott sei Dank muss jemand anders beurteilen, ob es mir gelingt oder nicht. Dumm nur, dass daran ein Job hängt und diejenigen, die entscheiden, das auch spüren, dieses Problem, und so hält man sich am Schluss eben lieber an die Orden auf der Uniform als an das Bauchgefühl über das Fleisch und Blut, das in der Uniform verpackt ist.
Wir enttäuschen oder erfüllen unsere Erwartungen am Ende ja auch immer selbst. Da sind wir autonom. Vor allem schon bei den Erwartungen angefangen. Denn nicht alle, die wir so rapportieren und herbeten, sind wirklich unsere eigenen, könnten es aber sein. Ja vielleicht sind sie es überhaupt nicht, sollten es aber werden.
Vielleicht möchte ich den Job gar nicht, und das beste daran ist der Lebenslauf, zu dem ich genötigt werde, den ich gar nicht aufsetzen möchte und zu dem die spannendste Frage lautet, warum ich es denn nicht möchte?
Der Lebenslauf ist eine Liste von Irrtümern, Fehlern, Misserfolgen, Enttäuschungen? Vielleicht. Aber er ist vor allem ein Leben. Und erzählt von seinem Lauf. Er erzählt, die wie ein Mensch von A nach B kommt, also das Auto, das er fährt, oder die Mittel, die er dazu sonst benutzt. Aber wer er ist, an diesen Zielen, auf diesen Etappen, das erzählt er nicht. Dazu muss man ihm begegnen. Und ich kann Dir dabei nur erzählen, was ich von mir selbst gelernt habe. Oder glaube. Indem ich Dich erahnen lasse, wo ich wirklich bin, und was ich erfahren, nicht nur angelernt habe, werde ich zum Mit-. Arbeiter, -Glied eines Teams. Bin ich eigenständig. Für Dich ein Treffer, oder auch nicht. Aber nie nur eine enttäuschte Erwartung.
Ich bin ein Wunder. Sie auch. Es lohnt sich, das weiter zu denken und nicht zur Utopie werden zu lassen. Denn immer ist es möglich, dass zwei Lebensläufe so zusammen finden, dass sie wirklich am gemeinsamen Punkt ankommen und sich dann weiterhelfen.

Freitag, 4. Mai 2007

Neubeginn

Was man anfängt, bringt man zu Ende. Oder fängt es neu an, bis es gelingt?
Ich bin so erzogen worden - oder hatte ich es einfach in mir drin: Was du beginnst, ziehst du durch. Oder woher hatte ich das?
Da waren die Erwartungen, die man nicht Enttäuschen wollte. Der Support, der geleistet wurde - also wird die Ausbildung nicht leichtfertig aufgegeben - und es ist fast nichts da, was Gründe liefern würde, dass es nicht leichtfertig wäre... Und doch habe ich es getan. Hingeschmissen. Neu angefangen. Etwas ganz anderes. Und damals wurde ich erwachsen. Erstmals war es mein eigenes Ding, und zwar der Neuanfang, kurz nach dem Abbruch.
Dieser Abbruch, der ein Bekenntnis war und der frei machte für den Neubeginn.
Neu beginnen können, ist eine Gnade. Eine Chance. Sie kommt nicht immer wieder. Und dennoch können wir niemals Garantien einholen, dass es diesmal anders kommen wird als beim letzten Versuch.
Wer in Beziehungen einen Neubeginn wagt, hat Altes erkannt und glaubt, es beseitigen zu können. Oder würde Neubeginn heissen, das Alte, Störende endlich akzeptieren zu können, den Partner nicht ändern, verändern zu wollen und das schon als Liebe zu bezeichnen. Es ist für den Partner kein Neubeginn, wenn ich ihm die Chance gebe, sich nach meinen Vorstellungen zu verändern...
Neubeginn bedeutet in jedem Fall Vertrauen. Vielleicht neu vertrauen, nachdem es missbraucht wurde, dieses Zutrauen. Es gibt dazu keine Alternative. In der Partnerschaft nicht, und im Selbst-Vertrauen auch nicht. Sonst kann ich keine Ziele verfolgen, die höher liegen als der Punkt, auf dem ich momentan stehe.
Ich muss mich aber mit keinem Neubeginn gegen die Gravitation stemmen. Nicht mal vorübergehend. Zum Neubeginn gehört auch das Neusehen des Bestehenden. So wird manch Altes vielleicht nicht neu, aber vertrauter, gegenwärtig, akzeptiert, Basis, auf dem gelebt werden kann und auch gelassen. Die Energie, die dabei frei wird, mag dann sehr wohl Neues möglich machen...
Logo

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Für Ihre Post:

Selber Stichwortgeber(in) sein? Anregungen? Kritik? Mail an
kurt [at] thinkabout [.] ch

Letzte Kommentare

warum nicht mal etwas...
warum nicht mal etwas zynisch sein in dieser welt mit...
bonanzaMARGOT - 2016.03.26, 14:12
Schock
Ich hab mich von dem Schock noch gar nicht erholt,...
Josef Mühlbacher (Gast) - 2015.09.25, 18:52
Lob
Dankeschön. Das ist aber nett!
Thinkabout - 2014.08.08, 03:01
Ein richtig guter Text!
Ein richtig guter Text!
iGing (Gast) - 2014.08.07, 23:12

Status

Online seit 6669 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2016.03.26, 15:31

Credits


Allerhand Sachen
Gemeinschaft
Global
Göttliches
Mensch
Natur
Zum Blog(gen)
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren